Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Entscheidung vom 3. Oktober 2000 (C303/98) und vom 9. September 2003 (C151/02) die wöchentliche Arbeitszeit inkl. Bereitschaftsstunden auf 48 Stunden festgelegt. Bei der Berufsfeuerwehr Osnabrück werden zurzeit offensichtlich jedoch 56 Wochenarbeitsstunden geleistet.
Wir fragen die Verwaltung:
1. Wie wirkt sich die oben genannte Entscheidung auf die Bediensteten der Stadt Osnabrück aus?
2. Wie soll die oben genannte Arbeitszeitfestlegung im Hinblick auf die örtlichen Arbeitszeiten umgesetzt werden?
3. Ist die Problematik mit den Personalvertretungen besprochen und sind gegebenenfalls Lösungsmöglichkeiten im gegenseitigen Einvernehmen gesucht worden?
Mit dem Einverständnis der Fragesteller geht die Antwort wie folgt zu Protokoll:
zu 1:
Die EU-Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung war insbesondere in den Jahren 2000/2003 Gegenstand von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Allerdings hat der EuGH erst mit Beschluss vom 14. Juli 2005 zu der strittigen Frage des hiervon betroffenen Personenkreises festgestellt, dass diese Richtlinie in der Regel auch auf die Tätigkeiten der Einsatzkräfte der Feuerwehren in der EU Anwendung findet. Damit ist erstmals
klargestellt worden, dass bei Tätigkeiten von Einsatzkräften der Feuerwehr grundsätzlich eine wöchentliche Höchstarbeitszeit einschließlich Bereitschaftsdienst von 48 Stunden zu beachten ist, eine entsprechende gesetzliche Regelung (d. h. eine Umsetzung in nationales Recht) vorausgesetzt.
Nach der bestehenden Arbeitszeitverordnung für Feuerwehrbeamte in Niedersachsen gilt für die Einsatzdienstbeamten der Berufsfeuerwehr allerdings unverändert eine Arbeitszeit von 56 Stunden pro Woche, die im 24-Stunden-Dienst nach einem Dienstplan abgeleistet werden und sowohl Arbeitszeit als auch Bereitschaftsdienstzeiten beinhalten. Durch den genannten Beschluss des EuGH ist insoweit eine unsichere Rechtslage (nicht nur) in Niedersachsen entstanden, die
es im Interesse aller Betroffenen schnellstmöglich zu klären und zu beseitigen galt. Auf EUEbene gab es diesbezügliche Bemühungen (zuletzt sowohl der österreichischen als auch der finnischen Präsidentschaft), die Arbeitszeitrichtlinie dergestalt zu modifizieren, dass z. B Feuerwehrbeamte auch künftig unter Einrechenbarkeit so genannter inaktiver Zeiten (Bereitschaftszeiten) eine 56-Stunden-Woche als Regelarbeitszeit leisten.
Diese Verhandlungen sind (im November dieses Jahres) zumindest vorerst gescheitert. Alle Beteiligten gehen davon aus, dass eine entsprechende Novellierung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist. Insoweit sind nun die Landesgesetzgeber gehalten, die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Umsetzung der Richtlinie zu schaffen.
Einige Bundesländer – hier sei in erster Linie NRW genannt – haben die Anpassung ihrer Arbeitszeitverordnungen an die EU-Arbeitszeitrichtlinie frühzeitig eingeleitet, sodass dort die 48-Stunden-Woche, aber auch die Möglichkeit der individuellen Beibehaltung der bisherigen Arbeitszeit auf freiwilliger Basis (das so genannte Opting-Out), zum 1. Januar 2007 festgeschrieben und umgesetzt wird.
Auch das Land Niedersachsen hat grundsätzlich entsprechende Absichten. Nach Einschätzung des Niedersächsischen Städtetages ist mit dem Inkrafttreten einer entsprechend angepassten Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten des Feuerwehrdienstes im Frühjahr des nächsten Jahres zu rechnen.
Aus Sicht der Verbände und Kommunen – auch der Stadt Osnabrück – ist zunächst diese EUkonforme Änderung der Arbeitzeitverordnung abzuwarten. Allerdings sollten im Hinblick auf eine dann im Interesse aller Beteiligten liegende umgehenden Umsetzung der veränderten Norm bereits jetzt Vorüberlegungen – unter Information und Beteiligung der politischen Gremien sowie der betroffenen Feuerwehrbeamten und Personalvertretung – stattfinden.
zu 2:
Die Verwaltung präferiert, eine rechtliche Grundlage insoweit vorausgesetzt, das freiwillige Opting-Out-Modell. Sie geht nach interner Erörterung auch in der Berufsfeuerwehr davon aus, dass hierdurch sowohl der Interessenlage der Stadt als auch die der überwiegenden Zahl der Einsatzdienstbeamten der Berufsfeuerwehr Rechnung getragen werden kann.
Sie benennt hierfür folgende Gründe (alle weiteren Betrachtungen gehen davon aus, den Status quo (Einsatzstärke, Ausrückzeit) zu erhalten bzw. zu gewährleisten):
Die Umsetzung der 48-Stunden-Woche bedarf bei einer Lösung über Neueinstellungen (also
ohne Opting-Out) der Einrichtung von ca. 14,5 Planstellen des mittleren feuerwehrtechnischen Dienstes; der Personalkostenaufwand bei pauschal angenommenen Arbeitgeberkosten von (max.) 50.000,00 €/Beamter beläuft sich auf (max.) 725.000,00 €/Jahr (davon können allerdings rd. 4 Stellen über den Rettungsdienst refinanziert werden); eine zeitnahe personalwirtschaftliche Realisierung (Besetzung) erscheint fraglich. Für eine eigene Ausbildung (zuzüglich Vorlauf) werden mehr als 2 Jahre benötigt
Die Beibehaltung der 56-Stunden-Woche über eine Aufstockung durch Opting-Out macht es möglich, den Dienstplan im Rahmen von 24-Stunden-Schichten fortzuführen. Die Leistung der Mehrarbeitsstunden erfolgt nicht entschädigungslos; ein Entschädigungsfaktor wäre vom Landesgesetzgeber
noch zu definieren. Analog eines künftig in Nordrhein-Westfalen eröffneten
Weges könnte es um Beträge in Volumen von knapp unter 300,00 €/Feuerwehrmann/Monat gehen; der hierdurch von der Stadt Osnabrück zu tragende Personalkostenaufwand von etwa 250.000,00 € (bei auch hier anteiliger Refinanzierung im Rettungsdienst) ist finanzierbar. Die Umsetzung der EU-Norm ohne Vorlaufzeiten möglich; wichtig: Opting-Out ist freiwillig – der Anstoß/ Antrag muss vom Mitarbeiter ausgehen.
zu 3:
Die Verwaltung beabsichtigt, nach dieser heutigen Information an die politischen Gremien auf der vorstehend dargestellten Basis in Gespräche mit der Personalvertretung (PR Feuerwehr und Gesamtpersonalrat; Termin 15. Dezember 2006) und insbesondere im Rahmen einer Mitarbeiterversammlung mit den betroffenen Feuerwehrbeamten (Termin 19. Dezember 2006) einzutreten.
Im Rahmen dieses Prozesses wird zu erkennen sein, wie viele Beamte Opting-Out ablehnen, um insoweit flankierende Strategien zu erarbeiten. Hierüber soll zeitnah der Ausschuss für Feuerwehr und Ordnung informiert und in die Umsetzung einbezogen werden.
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