Finanzlage der Stadt Osnabrück (SPD-Fraktion/Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)

I. Die Finanzlage der Stadt ist dramatisch. Der in der Sitzung am 17. November 2009 eingebrachte
Haushalt der Stadt Osnabrück für das Jahr 2010 sieht ein Defizit von 56 Mio.
Euro vor. Dies ist fast ausschließlich auf sinkende Steuereinnahmen sowie auf steigenden
Kosten für Sozialleistungen für vom Bund übertragene Aufgaben zurückzuführen.
Mit der Schließung von kulturellen und sozialen Einrichtungen sowie Kürzungen bei der
Bildungs-, Kinder- und Jugendarbeit droht die Lebensqualität und die Zukunftsfähigkeit
der Städte zerstört zu werden. Aber selbst durch radikalste Sparmaßnahmen wären diese
Defizite nicht mehr zu bewältigen. Der Rat der Stadt sieht daher eine akute Gefährdung
der kommunalen Selbstverwaltung, die zu einer Gefährdung des demokratischen
Gemeinwesens zu führen droht. Er unterstützt daher die Resolution des Deutschen
Städtetages vom 05. November 2009.

Insbesondere fordert er Bund und Länder auf,

1. Die Gewerbesteuer als wichtigste städtische Steuer unangetastet zu lassen.

2. Bei der Übertragung von Aufgaben das Konnexitätsprinzip zu beachten. Insbesondere
fordern wir den Bund auf:

  • für eine auskömmliche Finanzierung des Kindertagesstättenangebotes für Unter- 3-Jährige zu sorgen,
  • eine kostendeckende Übernahme der Aufwendungen für Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose sicherzustellen, statt die anteilige Finanzierung durch den Bund weiter zu reduzieren;
  • für die Hilfen für Menschen mit Behinderung und bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit die notwendigen Mittel bereitzustellen.

3. Von einer weiteren Schwächung der Einnahmebasis der Kommunen durch Steuersenkungen
abzusehen oder aber diese vollständig zu kompensieren.

II. Die Landtags- und Bundestagsabgeordneten aus der Stadt Osnabrück werden aufgefordert,
sich in diesem Sinne für die Belange der Stadt zu verwenden und dafür Sorge zu
tragen, dass die Zukunftsfähigkeit Osnabrücks gesichert wird.

III. Die Verwaltung wird aufgefordert, auf den Bürgerforen im Rahmen der vorzunehmenden
Berichterstattung über die städtischen Finanzen die Bürgerinnen und Bürgern über die
Bedrohung der kommunalen Selbstverwaltung durch die dramatisch sinkende Finanzausstattung
der Kommunen und die Folgen unterfinanzierter Aufgabenübertragung
durch den Gesetzgeber zu informieren.

Beratungsverlauf:

Herr Hagedorn begründet den Antrag namens der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er verweist
auf die neue Dimension des Haushaltsdefizites, das der von der Verwaltung in der vergangen
Sitzung eingebrachte Haushaltsentwurf für 2010 vorsehe. Er zitiert aus der Nds. Gemeindeordnung,
wonach die Gemeinde die Grundlage des demokratischen Staates ist und in eigener Verantwortung
ihrer Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze mit dem Ziel verwalte, dass Wohl
ihrer Einwohner/-innen zu fördern. Sofern Gemeinden durch Gesetz staatliche Aufgaben zur
Erfüllung nach Weisung übertragen werden, sind hierfür die erforderlichen Mittel zur Verfügung
zu stellen.
Er verweist auf die sich dramatisch verschlechternde Einnahmesituation aufgrund der Wirtschaftskrise
sowie aufgrund vielfältiger Aufgabenübertragung durch Bund und Land, die aus
kommunalen Mitteln zu finanzieren seien und nennt beispielhaft die Unterkunftskosten der sogenannten
Hartz IV-Empfänger sowie Kosten für den Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten.
Er hebt die elementare Bedeutung der Aufgaben der Gemeinden, wie die der Bildung, der Kultur,
des sozialen Zusammenhaltes, der Kinder- und Jugendförderung, der Schaffung der richtigen
Rahmenbedingen für Arbeitsplätze hervor. Diese sieht er aufgrund der aktuellen Finanzsituation
bedroht. Daher sei in dem Antrag davon die Rede, dass die kommunale Selbstverwaltung
als akut gefährdet angesehen werde. Er zitiert die Präsidentin des Deutschen Städtetages,
Frau Petra Roth, zu diesem Thema, die unter anderem gefordert habe, dass die Handlungsfähigkeit
der Städte in der derzeitigen Krisensituation erhalten bleiben müsse. Er nimmt Bezug auf
die Einsparvorschläge der Verwaltung, die weiterhin zu diskutieren sein werden und macht
deutlich, dass diese viele Bereiche betreffen, die durch großes ehrenamtliches Engagement
geprägt seien. Er kritisiert die auf Bundesebene geführte Diskussion über die Streichung weiterer
Einnahmen. Er legt dar, dass der schriftlich vorliegende Änderungsantrag der FDP-Fraktion
von den Mitgliedern seiner Fraktion vollständig abgelehnt werde.
Den Änderungsantrag der CDU-Fraktion bezeichnet er als wesentlich differenzierter; in den
gewählten Formulierungen sieht er allerdings teilweise Ursache und Wirkung verwechselt. Er
bittet um Zustimmung der CDU-Fraktion zu dem Ursprungsantrag.

Herr Dr. E. h. Brickwedde stellt weitgehende Übereinstimmung zwischen dem Beitrag von Herrn
Hagedorn und seinem eigenen Beitrag bei der Haushaltseinbringung fest. In der Beurteilung der
externen Effekte auf den städtischen Haushalt; er unterstützt die Ausführungen insofern, als
Auswirkungen aus Bundes- und Landesgesetze auf die städtischen Finanzen zu kritisieren sein;
dennoch seien jedoch der Rat und die Verwaltung der Stadt Osnabrück der eigenen Verantwortung
in den vergangenen Jahren nicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen. Er nimmt
Bezug auf die Situation der Kassenkredite und darauf, dass sich die Haushaltssituation der
Stadt Osnabrück nunmehr drastisch verschärfe. Auch von ihm werde die Auffassung vertreten,
dass die kommunale Selbstverwaltung gefährdet sei. Zur Bekämpfung dieser Situation halte er
es jedoch für erforderlich, Kurskorrekturen sowohl vom Land als auch vom Bund zu fordern, wie
aber auch eine stringentere Sparpolitik der Stadt Osnabrück. Er weist darauf hin, dass der Änderungsantrag
der CDU-Fraktion im Wesentlichen den Ursprungsantrag übernehme; dieser
werde allerdings ergänzt. Er unterbreitet den folgenden Änderungsantrag:

I. „Die Finanzlage der Stadt ist dramatisch. Die Stadt lebt über ihre Verhältnisse. Bereits
seit mehreren Jahren überzieht die Stadt ihr Girokonto. Unausgeglichene
Haushalte führten dazu, dass die Höhe der Kassenkredite in den letzten fünf Jahren
zwischen 81,5 und 102,5 Mio. Euro lag.
Der in der Sitzung am 17. November 2009
eingebrachte Haushalt der Stadt Osnabrück für das Jahr 2010 sieht ein Defizit von 56
Mio. Euro vor. Dies beruht auf der fortgeschriebenen Belastung aus vorherigen Defiziten
wie auch aktuell sinkender Steuereinnahmen aufgrund der gesamtwirtschaftlichen
Lage. Dazu kommen Kostensteigerungen im Sozial- und Jugendbereich.

Der Rat der Stadt sieht daher eine akute Gefährdung der kommunalen Selbstverwaltung,
die zu einer Gefährdung des demokratischen Gemeinwesens zu führen
droht. Er unterstützt daher die Resolution des Deutschen Städtetages vom 05. November
2009.

Insbesondere fordert er den Bund und die Länder auf,

1. Die Gewerbesteuer als wichtigste städtische Steuer unangetastet zu lassen.

2. Bei der Übertragung von Aufgaben das Konnexitätsprinzip zu beachten.
Insbesondere fordern wir den Bund auf:

  • für eine auskömmliche Finanzierung des Kindertagesstättenangebotes für Unter-3-Jährige zu sorgen,
  • eine kostendeckende Übernahme der Aufwendungen für Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose sicherzustellen, statt die anteilige Finanzierung durch den Bund weiter zu reduzieren;
  • für die Hilfen für Menschen mit Behinderung und bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit die notwendigen Mittel bereitzustellen.

3. Von einer weiteren Schwächung der Einnahmebasis der Kommunen durch Steuersenkungen
abzusehen oder aber diese vollständig zu kompensieren.

II. Die Landtags- und Bundestagsabgeordneten aus der Stadt Osnabrück werden aufgefordert,
sich in diesem Sinne für die Belange der Stadt zu verwenden und dafür Sorge zu
tragen, dass die Zukunftsfähigkeit Osnabrücks gesichert wird.

III. Die Verwaltung wird aufgefordert, auf den Bürgerforen im Rahmen der vorzunehmenden
Berichterstattung der kommunalen Selbstverwaltung durch die dramatisch sinkende Finanzausstattung
der Kommunen und die Folgen unterfinanzierter Aufgabenübertragung
durch den Gesetzgeber zu informieren.

IV. Obwohl das Defizit, wie oben dargestellt, auch stark von Entwicklungen abhängt,
die die Stadt nicht beeinflussen kann, bleibt es Aufgabe von Rat und Verwaltung,
eigene Anstrengungen zu unternehmen, um das Defizit zu verringern.

Herr Oberbürgermeister Pistorius macht deutlich, dass auch aus der Verwaltung heraus die
Situation so beurteilt werde, dass die derzeitige Wirtschaftskrise die städtischen Probleme verschärfe.
Er verweist auf die Belastungen durch den Fonds deutscher Einheit, der allein den
Haushalt der Stadt Osnabrück in den vergangen Jahren mit ca. 140 Mio. € belaste. Diese
Summe musste bei aller positiver Bereitschaft hierzu kreditfinanziert werden.
Ferner verweist er zur Begründung der derzeitigen Krise auf die bundes- und landespolitischen
Änderungen, die steigende Sozialkosten bei gleichzeitig anwachsender Arbeitslosigkeit für die
Kommunen mit sich gebracht haben, wie z. B. auf zusätzliche kommunale Kosten für die Unterbringung
von Asylbewerbern. Er verweist auf die Situation, dass auch in der Vergangenheit Einsparvorschläge
die Strukturproblematik nicht lösen konnten. Den Inhalt des CDU-Änderungsantrages,
wonach das für das Jahr 2010 vorgesehene Defizit in Höhe von 56 Mio.
DM auf fortgeschriebenen Belastungen aus vorherigen Defiziten bestehe, weist er als falsch
zurück, und macht deutlich, dass es sich ausschließlich um das Haushaltsdefizit für das Jahr
2010 handele. Dies sei in erster Linie auf Steuerausfälle auf Bund- und Länderebene zurückzuführen.
Er kritisiert nachhaltig die Herabsetzung des Mehrwertsteuersatzes für das Hotelgewerbe
und beziffert die Einnahmeausfälle mit einer bis zwei Milliarden € jährlich, von denen die
Kommunen ein Drittel tragen.
Er spricht sich daher dafür aus, einen Appell an Bundes- und Landesebene zu richten, um eine
dauerhafte verlässliche Finanzausstattung der Gemeinden zu fordern. Diese Verlässlichkeit sei
für die Städte erforderlich, um ihre Grundaufgaben erfüllen zu können und um die Städte wettbewerbsfähig
zu halten. Er hebt hervor, dass die Ausgeglichenheit des Haushaltes nicht zum
Selbstzweck werden dürfe und spricht sich dagegen aus, die städtischen Einsparbemühungen
mit dem Appell an Bund und Land zu vermengen. Er stellt fest, dass ein nachdrückliches Interesse
daran bestehe, eine gemeinsame Beschlusslage herzustellen. Er hebt abschließend hervor,
dass es in der angesprochenen Frage keinerlei Parteipolitik geben dürfe.

Herr Dr. Thiele begründet den folgenden Änderungsantrag der FDP-Fraktion:

1. Die finanziellen Belastungen von Bund, Land und Kommunen müssen gleich verteilt
sein. Die Stadt Osnabrück hat ihre dramatische Finanzlage erkannt. Der Rat unterstützt
die Maßnahmen des Oberbürgermeisters und der Verwaltung, in 2010 Konsolidierungen
in Höhe von mindestens 10 Mio. € vorzunehmen.
Um die Konsolidierungsbemühungen weiter voranzutreiben, werden folgende Maßnahmen
eingeleitet:

a) Eine Aufgabenkritik über alle Bereiche der Kernverwaltung wird bis spätestens Mitte 2010 durchgeführt.

b) Der Vertrag mit dem Gesamtpersonalrat über betriebsbedingte Kündigungen wird aufgehoben.

c) Die Verwaltung tritt in Verhandlung mit anderen Kommunen und Institutionen, um in allen dafür in Frage kommenden Bereichen die Zusammenarbeit zu verstärken,
mit dem Ziel der Kostenreduktion.

d) Anteile an städtischen Gesellschaften sollen gewinnbringend verkauft werden.

e) Besondere Einnahmequellen sollen erschlossen werden, z. B. durch die Vergabe
von Namensrechten.

2. Die Landtags- und Bundestagsabgeordneten aus der Stadt Osnabrück werden aufgefordert,
sich in diesem Sinne für die Belange der Stadt zu verwenden und dafür Sorge zu tragen,
dass die Zukunftsfähigkeit Osnabrücks gesichert wird.

3. Die Verwaltung wird aufgefordert, die Bürgerinnen und Bürger zu informieren (z. B. in
den Bürgerforen), welche weiteren Bemühungen im Bereich der Daseinsvorsorge unternommen
werden und welche Maßnahmen in Zukunft nicht mehr finanzierbar sind.

Er bringt die ablehnende Haltung der FDP-Fraktion zu dem Ursprungsantrag der Fraktion von
SPD und Grünen zum Ausdruck. Er sieht die Verpflichtung des Rates, in das Kerngeschäft der
Verwaltung einzugreifen und hebt in diesem Zusammenhang auch das Erfordernis hervor, den
Vertrag mit dem Gesamtpersonalrat über betriebsbedingte Kündigungen aufzuheben. Er sieht
die Einhaltungen des Konnexitätsprinzipes sowohl von Seiten des Landes als auch von Seiten
des Bundes als unumstößlich an. Die bisherigen Einsparvorschläge der Verwaltung in Höhe von
4,7 Mio. € weist er als unzureichend zurück. In Anbetracht der erforderlichen Höhe der Konsolidierungen
von mindestens 10 Mio. € sieht er es als unumgänglich an, sich mit den Ansätzen
des FDP-Antrages auseinanderzusetzen.

Herr Peters weist den Beitrag von Herrn Dr. Thiele namens der SPD-Fraktion nachdrücklich
zurück. Der Änderungsantrag der FDP-Fraktion lasse völlig die bundes- und landespolitische
Verantwortung für die derzeitige Finanzsituation der Kommunen außer Acht. Zu dem Änderungsantrag
der CDU-Fraktion merkt er an, dass das Problem der sinkenden Steuereinnahmen
der Kommunen bereits mehrere Jahre andauere und auf landes- und bundespolitischen Entscheidungen
in unterschiedlicher politischer Verantwortung beruhe. Insbesondere der zweite
Satz im ersten Absatz des Änderungsantrages, wonach die Stadt über ihre Verhältnisse lebe,
werde insofern zurückgewiesen, als sie hierzu gezwungen werde. Er kritisiert die Inhalte des
Wachstumsbeschleunigungsgesetzes.

Herr Mierke sieht die Verpflichtung der Stadt Osnabrück, die Verantwortung für ihre finanzielle
Situation zu übernehmen. Er spricht sich gegen alle Politik zugunsten bestimmter Klientel aus.
Die Wirksamkeit der einzelnen Ansätze des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes wird von ihm
ebenfalls bezweifelt. Er sieht die Tatsachen durch den Änderungsantrag der CDU-Fraktion zutreffend
beschrieben.

Herr Jasper stellt fest, dass im Sinne einer einheitlichen Beschlussfassung eine Abstimmung im
Vorfeld wünschenswert gewesen wäre. Er legt dar, dass die CDU-Fraktion den Absatz eins des
Antrages von SPD und Grüne insofern nicht mittrage, als hier keine kommunalen Handlungsmöglichkeiten
aufgezeigt werden. Neben den landes- und bundespolitischen Gründen für die
derzeitige Haushaltssituation sei auch die kommunale Verantwortung hervorzuheben. Er verweist
daneben auf die bereits bestehenden Kontakte zu Landtags- und Bundestagsabgeordneten
von CDU und FDP, sich in dem geforderten Sinne einzusetzen.

Herr Henning bezeichnet die Ausführungen von Herrn Mierke als nicht nachvollziehbar. Er fordert
Herrn Mierke dazu auf, die bundespolitischen Ursachen der derzeitigen Finanzsituation
anzuerkennen und in die Diskussion einzubeziehen.
Nachdrücklich weist er die Forderung des FDP-Antrages zurück, den bestehenden Vertrag über
die Ablehnung betriebsbedingter Kündigungen aufzuheben. Die weiteren Inhalte des FDP-Änderungsantrages
werden ebenfalls abgelehnt.

Herr Hagedorn weist die Ausführungen von Herrn Dr. Thiele ebenfalls zurück und sieht
daneben keine Möglichkeiten, durch kommunalpolitische Entscheidungen die aufgehäuften Finanzprobleme
auf kommunaler Ebene zu lösen. Auch er spricht sich dafür aus, den Änderungsantrag
der CDU-Fraktion im Sinne einer einheitlichen Beschlussfassung dahin gehend zu
ändern, in den zweiten Satz das Wort „gezwungenermaßen“ einzufügen.

Herr Hus weist ergänzend zu den Ausführungen von Herrn Oberbürgermeister Pistorius darauf
hin, dass allein in den vergangen fünf Jahren der Stadt Osnabrück 600 Mio. € durch den geänderten
Länderfinanzausgleich des Landes Niedersachsen verloren gegangen seien. Gleichzeitig
werde der Haushalt der Stadt Osnabrück vom Land Niedersachsen genehmigt und entsprechende
Sparvorgaben erteilt. Für die bevorstehenden Gespräche zwischen Bund und Ländern
sei zu befürchten, dass dort die Interessen der Gemeinden nicht in erforderlichem Umfang vertreten
werden. Er bringt die Hoffnung zum Ausdruck, dass sich die FDP-Fraktion an den bevorstehenden
Haushaltsberatungen in erforderlichem Umfang beteiligen werde.

Herr Dr. E. h. Brickwedde mahnt die Einhaltung der Haushaltsgrundsätze „Klarheit und Wahrheit“
an. Er erhebt mit Hinweis auf sein eigenes berufliches Umfeld nochmals die Forderung,
aufgrund ausbleibender Erträge vermehrt zu sparen. Er kritisiert, dass während der letzten drei
Haushaltsberatungen keine grundlegende Aufgabenkritik durch die Verwaltung vorgenommen
wurde; vielmehr haben die Fraktionen mehr Sparvorschläge und Vorschläge für Einnahmeverbesserungen
vorgelegt. Er weist die Ausführungen von Herrn Hus bezüglich des Rückganges
der Landeszuweisungen zurück.

Herr Oberbürgermeister Pistorius stellt weitgehende Übereinstimmung in der Beurteilung der
eigenen Verantwortung für die Finanzlage einerseits her; andererseits seien jedoch auch einige
Faktoren nicht auf kommunaler Ebene zu beeinflussen. Den Vergleich von Herrn Dr. E. h.
Brickwedde zur wirtschaftlichen Entwicklung von Firmensituationen weist er nachdrücklich zurück,
da die Kommune keine Möglichkeit habe, bestimmte Ausgaben, die z. B. die Verantwortung
der Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Bürger beinhaltet, zurückzufahren. Er nennt den
Sozial- und Jugendhilfebereich als nicht beeinflussbar durch die Stadt; beispielhaft stellt er fest,
dass eine Kürzung des Bundesanteils an den Unterbringungskosten von Hartz IV-Empfängern
um 3 % zu einer Belastung des städtischen Haushaltes in Höhe von einer Mio. € führe. Er
nimmt Bezug auf die Einbringung des Haushaltsentwurfes 2010, bei dem er deutlich gemacht
habe, dass trotz der bestehenden Sparzwänge darauf geachtet werden müsse, dass Strukturen
nicht verloren gehen. Im Sinner einer gemeinsamen Beschlussfassung regt er nochmals eine
Modifizierung des zweiten Satzes des CDU-Änderungsantrages an. Hierüber ist kein Einvernehmen
herzustellen.

Zunächst führt Herr Ratsvorsitzender Thöle die Abstimmung über den vorliegenden Änderungsantrag
der FDP-Fraktion wie folgt herbei:

Abweichender Beschluss:

1. Die finanziellen Belastungen von Bund, Land und Kommunen müssen gleich verteilt
sein. Die Stadt Osnabrück hat ihre dramatische Finanzlage erkannt. Der Rat unterstützt
die Maßnahmen des Oberbürgermeisters und der Verwaltung, in 2010 Konsolidierungen
in Höhe von mindestens 10 Mio. € vorzunehmen.
Um die Konsolidierungsbemühungen weiter voranzutreiben, werden folgende Maßnahmen
eingeleitet:

f) Eine Aufgabenkritik über alle Bereiche der Kernverwaltung wird bis spätestens
Mitte 2010 durchgeführt.

g) Der Vertrag mit dem Gesamtpersonalrat über betriebsbedingte Kündigungen wird
aufgehoben.

h) Die Verwaltung tritt in Verhandlung mit anderen Kommunen und Institutionen, um
in allen dafür in Frage kommenden Bereichen die Zusammenarbeit zu verstärken,
mit dem Ziel der Kostenreduktion.

i) Anteile an städtischen Gesellschaften sollen gewinnbringend verkauft werden.

j) Besondere Einnahmequellen sollen erschlossen werden, z. B. durch die Vergabe
von Namensrechten.

2. Die Landtags- und Bundestagsabgeordneten aus der Stadt Osnabrück werden aufgefordert,
sich in diesem Sinne für die Belange der Stadt zu verwenden und dafür Sorge zu tragen,
dass die Zukunftsfähigkeit Osnabrücks gesichert wird.

3. Die Verwaltung wird aufgefordert, die Bürgerinnen und Bürger zu informieren (z. B. in
den Bürgerforen), welche weiteren Bemühungen im Bereich der Daseinsvorsorge unternommen
werden und welche Maßnahmen in Zukunft nicht mehr finanzierbar sind.

Beratungsergebnis:

Die Abstimmung erfolgt offen.

Der Beschluss wird mehrheitlich gegen fünf Stimmen abgelehnt.

Zunächst führt Herr Ratsvorsitzender Thöle die Abstimmung über den nachfolgenden Änderungsantrag
der CDU-Fraktion herbei:

Abweichender Beschluss:

„I. Die Finanzlage der Stadt ist dramatisch. Die Stadt lebt über ihre Verhältnisse. Bereits
seit mehreren Jahren überzieht die Stadt ihr Girokonto. Unausgeglichene Haushalte
führten dazu, dass die Höhe der Kassenkredite in den letzten fünf Jahren zwischen
81,5 und 102,5 Mio. Euro lag.
Der in der Sitzung am 17. November 2009 eingebrachte
Haushalt der Stadt Osnabrück für das Jahr 2010 sieht ein Defizit von 56 Mio. Euro vor.
Dies beruht auf der fortgeschriebenen Belastung aus vorherigen Defiziten wie auch
aktuell sinkender Steuereinnahmen aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage. Dazu
kommen Kostensteigerungen im Sozial- und Jugendbereich.
Der Rat der Stadt
sieht daher eine akute Gefährdung der kommunalen Selbstverwaltung, die zu einer Gefährdung
des demokratischen Gemeinwesens zu führen droht. Er unterstützt daher die
Resolution des Deutschen Städtetages vom 05. November 2009.

Insbesondere fordert er den Bund und die Länder auf,

1. Die Gewerbesteuer als wichtigste städtische Steuer unangetastet zu lassen.

2. Bei der Übertragung von Aufgaben das Konnexitätsprinzip zu beachten. Insbesondere fordern wir den Bund auf:

  • für eine auskömmliche Finanzierung des Kindertagesstättenangebotes für Unter-3-Jährige zu sorgen,
  • eine kostendeckende Übernahme der Aufwendungen für Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose sicherzustellen, statt die anteilige Finanzierung durch den Bund weiter zu reduzieren;
  • für die Hilfen für Menschen mit Behinderung und bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit die notwendigen Mittel bereitzustellen.

3. Von einer weiteren Schwächung der Einnahmebasis der Kommunen durch Steuersenkungen
abzusehen oder aber diese vollständig zu kompensieren.

II. Die Landtags- und Bundestagsabgeordneten aus der Stadt Osnabrück werden aufgefordert,
sich in diesem Sinne für die Belange der Stadt zu verwenden und dafür Sorge zu tragen,
dass die Zukunftsfähigkeit Osnabrücks gesichert wird.

III. Die Verwaltung wird aufgefordert, auf den Bürgerforen im Rahmen der vorzunehmenden
Berichterstattung der kommunalen Selbstverwaltung durch die dramatisch sinkende Finanzausstattung
der Kommunen und die Folgen unterfinanzierter Aufgabenübertragung
durch den Gesetzgeber zu informieren.

IV. Obwohl das Defizit, wie oben dargestellt, auch stark von Entwicklungen abhängt,
die die Stadt nicht beeinflussen kann, bleibt es Aufgabe von Rat und Verwaltung,
eigene Anstrengungen zu unternehmen, um das Defizit zu verringern.

Beratungsergebnis:

Die Abstimmung erfolgt offen.

Der Beschluss wird mehrheitlich gegen die Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion abgelehnt.

Vor Eintritt in die weitere Abstimmung macht Herr Ratsvorsitzender Thöle deutlich, dass die
Fraktionen Pairing vereinbart haben.

Beschluss gem. Ursprungsantrag der Fraktionen von SPD und Grünen:

I. „Die Finanzlage der Stadt ist dramatisch. Der in der Sitzung am 17. November 2009 eingebrachte
Haushalt der Stadt Osnabrück für das Jahr 2010 sieht ein Defizit von 56 Mio.
Euro vor. Dies ist fast ausschließlich auf sinkende Steuereinnahmen sowie auf steigenden
Kosten für Sozialleistungen für vom Bund übertragene Aufgaben zurückzuführen.
Mit der Schließung von kulturellen und sozialen Einrichtungen sowie Kürzungen bei der
Bildungs-, Kinder- und Jugendarbeit droht die Lebensqualität und die Zukunftsfähigkeit
der Städte zerstört zu werden. Aber selbst durch radikalste Sparmaßnahmen wären diese
Defizite nicht mehr zu bewältigen. Der Rat der Stadt sieht daher eine akute Gefährdung
der kommunalen Selbstverwaltung, die zu einer Gefährdung des demokratischen
Gemeinwesens zu führen droht. Er unterstützt daher die Resolution des Deutschen
Städtetages vom 05. November 2009.

Insbesondere fordert er Bund und Länder auf,

1. Die Gewerbesteuer als wichtigste städtische Steuer unangetastet zu lassen.

2. Bei der Übertragung von Aufgaben das Konnexitätsprinzip zu beachten. Insbesondere
fordern wir den Bund auf:

  • für eine auskömmliche Finanzierung des Kindertagesstättenangebotes für Unter- 3-Jährige zu sorgen,
  • eine kostendeckende Übernahme der Aufwendungen für Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose sicherzustellen, statt die anteilige Finanzierung durch den Bund weiter zu reduzieren;
  • für die Hilfen für Menschen mit Behinderung und bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit die notwendigen Mittel bereitzustellen.

3. Von einer weiteren Schwächung der Einnahmebasis der Kommunen durch Steuersenkungen
abzusehen oder aber diese vollständig zu kompensieren.

II. Die Landtags- und Bundestagsabgeordneten aus der Stadt Osnabrück werden aufgefordert,
sich in diesem Sinne für die Belange der Stadt zu verwenden und dafür Sorge zu
tragen, dass die Zukunftsfähigkeit Osnabrücks gesichert wird.

III. Die Verwaltung wird aufgefordert, auf den Bürgerforen im Rahmen der vorzunehmenden
Berichterstattung über die städtischen Finanzen die Bürgerinnen und Bürgern über die
Bedrohung der kommunalen Selbstverwaltung durch die dramatisch sinkende Finanzausstattung
der Kommunen und die Folgen unterfinanzierter Aufgabenübertragung
durch den Gesetzgeber zu informieren.“

Beratungsergebnis:

Die Abstimmung erfolgt offen.

Der Beschluss wird mehrheitlich von den Mitgliedern der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis
90/Die Grünen, dem Ratsmitglied Cheeseman und dem Oberbürgermeister gegen die
Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion bei einer Enthaltung angenommen.

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