Die Verwaltung wird beauftragt, dem Rat baldmöglichst einen Satzungsentwurf für eine Kulturförderabgabe
in Form einer Aufwandssteuer zur Genehmigung vorzulegen. Hierbei sollen
Beherbergungsbetriebe pro Übernachtung an der Finanzierung von kulturellen Aufgaben der
Stadt beteiligt werden. Die Abgabe soll fünf Prozent des Übernachtungspreises – alternativ:
2,50 – 3,00 € je Übernachtung – betragen.
Einnahmen aus der Kulturförderabgabe sollen zielgerichtet für kulturelle Aufgaben, Leistungen
und Angebote, sowie die Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt werden. Insbesondere
sollen die Einnahmen zur Stärkung des breiten freien Kulturangebotes verwandt werden.
Die konkrete Beschlussfassung über die Verwendung im o.g. Rahmen behält sich der Rat
im Zuge der jährlichen Haushaltsberatungen vor.
Die Verwaltung wird beauftragt, mit der Vorlage eines Satzungsentwurfs eine Einnahmekalkulation
bezogen auf das Haushaltsjahr ausgehend von einer 5% – Abgabe – alternativ: 2,50-3,00 € – vorzulegen.
Begründung:
Wie in vielen anderen Städten auch ist die finanzielle Entwicklung der Stadt Osnabrück besorgniserregend.
Hierzu haben vielfältige Belastungen durch den Bund und das Land beigetragen.
Nicht zuletzt das sogen. Wachstumsbeschleunigungsgesetz mit der unsinnigen
Mehrwertsteuersenkung für Hotels beschert Osnabrück zusätzliche Mindereinnahmen in
Millionenhöhe.
Die Mindereinnahmen gefährden zunehmend auch die kulturelle und damit touristische Attraktivität
der Stadt. Aus diesem Grunde soll durch eine rechtsgutachterlich (Prof. Dr. Rosenzweig)
für zulässig befundene Kulturförderabgabe ein Teil der Mindereinnahmen ausgeglichen
und somit finanzieller Spielraum für die Kulturarbeit geschaffen werden. Damit wird
sowohl die Lebensqualität in der Stadt wie auch die touristische Attraktivität gestärkt, was
letztlich auch im Interesse des Hotelgewerbes liegt.
Beratungsverlauf:
Herr Hagedorn begründet den Antrag namens der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er verweist
auf die besorgniserregende finanzielle Lage der Stadt Osnabrück, wie dies auch für viele andere
Städte zutreffe. Er verweist auf mehrfache Diskussionen darüber, dass die Kommunen vielfach
durch Maßnahmen der Bundes- und Landespolitik belastet werden. Auch durch die Steuerentlastungspolitik
des Bundes werden den Kommunen zusätzliche Einnahmen genommen. Er
verweist auf die jüngste Steuerabsenkung durch die Bundesregierung, durch die unter anderem
eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen vorgenommen wurde. Die hieraus
resultierende Mindereinnahme gefährde zunehmend die kulturelle und allgemeine Attraktivität
der Stadt Osnabrück. Er verweist auf die zurückliegende Haushaltsdebatte, in der die Bedrohung
kultureller Angebote deutlich geworden sei. Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern,
sei die Stadt einerseits zum Sparen gezwungen – andererseits müssen zusätzliche Mittel
ergriffen werden, um die kulturelle Vielfalt und touristische Attraktivität zu erhalten. Hierzu sei
die vorgeschlagene Kulturförderabgabe aus Sicht der Grünen ein geeignetes Mittel. Der Einsatz
der Mittel komme auch Betrieben mit Übernachtungsangeboten zugute.
Er äußert Verständnis für die Sicht der Betroffenen, die gegen die Einführung der Abgabe eintreten
und verweist auf ein sehr konstruktives Gespräch mit den Vertretern des örtlichen Hotelgewerbes.
Dennoch seien die Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Auffassung,
dass die vorgeschlagene maßvolle Abgabe auf Übernachtungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
der Übernachtungsbetriebe nicht überfordere. Zur rechtlichen Zulässigkeit dieser Abgabe
zitiert er aus einer Antwort des niedersächsischen Ministers für Inneres, Sport und Integration
auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen im Mai d. J., wonach die Einführung
einer örtlichen Aufwandssteuer „Kulturförderabgabe“ innerhalb gesetzlicher Vorgaben möglich
sei. Er bezeichnet die Einführung der Abgabe als einen Akt der Notwehr, um die Lebensqualität
innerhalb der Gemeinden aufrecht zu erhalten.
Herr Dr. E. h. Brickwedde weist namens der CDU-Fraktion den Antragsinhalt nachdrücklich zurück,
den er rechtlich als zweifelhaft, sachlich unbegründet und kontraproduktiv bezeichnet.
Er führt aus, dass lediglich 2 – 3 % der Übernachtungsgäste in Osnabrück angeben, aufgrund
kultureller Angebote die Stadt zu besuchen; vielmehr handele es sich in Osnabrück um Reisende,
die den Handels- und Industriestandort Osnabrück aufsuchen. Die geforderte Abgabe bezeichnet
er als nicht zulässig, da ihr keine entsprechende Gegenleistung gegenüberstehe und
unverhältnismäßig, da lediglich eine entgangene Mehrwertsteuereinnahme in Höhe von
60.000 € gegenzurechnen sei, wobei der zwölf- bis 15fache Betrag als zusätzliche Einnahme
aus der Förderabgabe erwartet werde. Die Forderung nach der Einführung einer Kulturförderabgabe
sei daneben unbegründet, da die Kürzungen im Kulturbereich, die der Oberbürgermeister
bei der Einbringung des Haushaltes 2001 vorgeschlagen habe, vom Rat gerade nicht beschlossen
wurden. Die Aussage von Herrn Hagedorn, wonach die kulturellen Angebote durch
den Beschluss über den Haushalt 2010 bedroht seien, weist er als unzutreffend zurück. Kontraproduktiv
sei der Vorschlag, da die Mehrwehrsteuersenkung den Sinn gehabt habe, den im Hotelbereich
bestehenden Investitionsstau aufzulösen. Hierdurch sollen die Angebote der Hotels
attraktiver werden und das heimische Handwerk solle von den Aufträgen profitieren. Insgesamt
werde somit der Vorschlag zur Einführung einer Kulturförderabgabe nachdrücklich abgelehnt.
Er appelliert an die Antragsteller, ihre Position, die der Stadt Osnabrück schade, zu überprüfen.
Herr Henning begründet den Antrag namens der SPD-Fraktion und verweist darauf, dass hierdurch
lediglich die Verwaltung beauftragt werde, einen entsprechenden Satzungsentwurf zu
erarbeiten. Das Argument der Knebelung des regionalen Hotelgewerbes weist er nachdrücklich
zurück und verweist auf die defizitäre Haushaltslage der Stadt Osnabrück, die keine andere
Möglichkeit zulasse. Als Ursachen hierfür benennt er Auswirkungen aus Bundes- und Landesgesetzen,
wie insbesondere die Gesetzgebung zu Hartz IV und die Festlegung der Standards
für Kindertagesstätten durch das Land Niedersachsen. Er weist darauf hin, dass inzwischen
90 % der kommunalen Aufgaben Pflichtaufgaben seien und lediglich über 10 % der Aufgaben
der Rat frei zu entscheiden habe.
Er beziffert die finanziellen Einbußen für die Stadt Osnabrück aus dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz
mit 1,4 Mio. € und macht deutlich, dass die von Herrn Dr. E. h. Brickwedde benannten
60.000 € Umsatzsteuerverlust lediglich den kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer
darstellen. Er kritisiert die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes auf Hotelübernachtungen als
unverständlich. Er legt dar, dass die Einnahmen aus der geplanten Kulturförderabgabe überwiegend
zur allgemeinen Haushaltskonsolidierung eingesetzt werden sollen. Gleichzeitig werde
dafür gesorgt werden, dass der Kulturetat der Stadt stabilisiert werde. Diese Absicht liege auch
im Interesse der Osnabrücker Hoteliers. Er charakterisiert die geplante Abgabe als Abschöpfung
eines Teils der durch die Steuersenkung für das Hotelgewerbe erzielten Einsparung.
Herr Voß widerspricht Herrn Henning in der negativen Beurteilung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes.
Er legt dar, dass die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen
einen überaus kleinen Teil der finanziellen Probleme der Kommunen mit sich bringe. Die Erhebung
einer Kulturförderabgabe sieht er als ungeeignetes Mittel zur Lösung der Probleme, zumal
die hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass dieses rechtlich unzulässig sei. Er fordert deswegen
dazu auf, eine rechtssichere Situation abzuwarten. Er sieht ferner den Zeitpunkt der derzeitigen
Diskussion vor dem Hintergrund der gleichzeitigen Debatte um organisatorische Abläufe in der
Kulturverwaltung als verfehlt an und sieht demgegenüber die Kulturverwaltung in der Verpflichtung
zunächst zu belegen, wie die Sparvorgaben des Rates umgesetzt werden können. Benötigt
werde ein verstärktes Bewusstsein für mehr Sparsamkeit; insofern solle ein begleitendes
Controlling und ein effektives Kostenmanagement für den Kulturbereich eingeführt werden.
Herr Mierke unterstützt die Argumentation der Vorredner von SPD und Bündnis 90/Die Grünen
ebenso wie den vorliegenden Antrag. Er spricht sich für den Erhalt einer freien Kulturlandschaft
in Osnabrück aus und kritisiert die finanziellen Einbußen, die den Kommunen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz
entstanden sind. Er fordert eine Kompensation dieses Einnahmeverlustes.
Herr Cheeseman kritisiert die Rücknahme des Mehrwertsteuersatzes für das Hotelgewerbe zu
diesem Zeitpunkt. Er fordert eine Neuordnung der Kulturpolitik im Interesse der Attraktivitätssteigerung
Osnabrücks, u. a. für mehr Tagesgäste. Die Forderung des Antrages bezeichnet er
allerdings als zu pauschal und kündigt an, sich bei der kommenden Abstimmung der Stimme zu
enthalten.
Herr Dr. Thiele weist die Forderungen des Antrages namens der FDP-Fraktion unter anderem
mit dem Hinweis auf die eintretende Ungleichbehandlung zum Hotelgewerbe im Landkreis Osnabrück
zurück. Er kritisiert den für die Erhebung einer Kulturförderabgabe entstehenden bürokratischen
Aufwand und skizziert die Probleme der bestehenden Rechtsunsicherheit. Demgegenüber
fordert er ein stringentes Vorgehen bei der weiteren Haushaltskonsolidierung.
Herr Jasper spricht sich ebenfalls nachdrücklich gegen die Erhebung einer Kulturzwangsabgabe
aus. Er verweist auf die bestehenden W ettbewerbsprobleme zum Umland, die sich verschärfen
würden, sofern die Kosten des Tourismus in Osnabrück verteuert werden. Er fordert zu einer
offensiveren Herangehensweise bei der Lösung anstehender Probleme auf und skizziert,
dass die SPD als Lösungsweg sehe, die Abgaben zu erhöhen, wohingegen die CDU das Ziel
verfolge, die Ausgaben zu reduzieren. In diesem Sinne kritisiert er auch die zur Beschlussfassung
anstehende Grundsteuererhöhung.
Frau Jabs-Kiesler weist die durch Herrn Dr. E. h. Brickwedde vorgenommene Charakterisierung
Osnabrücks als vornehmliche Handelsstadt zurück und hebt die Bedeutung des Kulturbereiches
für die Stadtentwicklung in den zurückliegenden 40 Jahren nachdrücklich hervor. Sie verweist
auf die erfolgreiche Arbeit der Osnabrücker Marketing und Tourismus GmbH, die den Besuchern
die Lebendigkeit des Osnabrücker Kulturangebotes vermittle. Sie fordert dazu auf, die
eigenen Vorteile, zu denen die Kultur gehöre, nicht schlechtzureden.
Herr Dr. Baier führt aus, dass er nicht davon ausgehe, dass durch Ausgabenkürzungen das
Defizit wesentlich gesenkt werden könne. Er macht deutlich, dass es sich bei der Kulturförderabgabe
um ein rechtlich neues Gebiet handele. Bestehende Beispiele anderer Städte seien
nicht vollkommen auf Osnabrück anzuwenden. Nach der Stellungnahme eines Experten werde
eine rechtlich einwandfreie Möglichkeit gesehen; letzte rechtliche Sicherheit würde jedoch ausschließlich
ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes bringen. Die Verwaltung traue sich vor
dem Hintergrund der gegebenen Hinweise zu, eine entsprechende Satzung vorzulegen. Es dürfe
keine zusätzliche Mehrwertsteuer hierdurch erhoben werden, was dafür spreche, die Abgabe
nicht prozentual zu erheben. Die Stadt Osnabrück sehe sich in der Lage, alle bisher bekannten
rechtlichen Aspekte in einen Satzungsentwurf zu fassen. Zum Absatz zwei des Antrages, wonach
Einnahmen aus der Kulturförderabgabe zielgerichtet für kulturelle Aufgaben und sonstige
konkret benannte Inhalte eingesetzt werden sollen, merkt er an, dass Steuereinnahmen nicht
zweckgebunden erhoben werden dürfen.
Herr Oberbürgermeister Pistorius benennt eine Reihe von Städten sowie die Insel Rügen, in
denen die Diskussion um die Einführung einer „Bettensteuer“ laufe. Hieran werde die derzeitige
Ausnahmesituation deutlich. Die FDP fordere seit Jahrzehnten einen Subventionsabbau und
Steuervereinfachungen; im Gegensatz hierzu habe die Bundesregierung weitere Ausnahmetatbestände
von der Steuergesetzgebung geschaffen. Insofern sei die Zielrichtung der derzeitigen
Steuerpolitik nicht erkennbar. Er macht deutlich, dass es sich bei dem vorliegenden Beschluss
lediglich um einen Arbeitsauftrag an die Verwaltung handele und dass die beabsichtigte Höhe
der Kulturförderabgabe keine existenzbedrohenden Umstände für die Osnabrücker Hoteliers
schaffen werde. Das Argument der Konkurrenz der Hotelbetriebe aus dem Umland weist er im
Hinblick auf den 90%igen Anteil von Geschäftsreisenden nach Osnabrück als unzutreffend zurück.
Er widerspricht den Rednern der CDU-Fraktion, wonach Osnabrück bei den Übernachtungen
in Konkurrenz zu den benachbarten niederländischen Städten stehe.
Er legt dar, dass das Wachstumsbeschleunigungsgesetz sehr hohe finanzielle Verluste für alle
deutschen Kommunen mit sich bringe.
Er setzt die verzweifelte Situation der Kommunen wie auch Osnabrücks ins Verhältnis zur guten
wirtschaftlichen Lage der Osnabrücker Hotels. Die Einnahmen aus der Kulturförderabgabe werden
zur Entlastung des städtischen Haushaltes – teilweise im Kulturbereich – eingesetzt werden.
Dennoch müsse auch der Kulturbereich nach wie vor an dem Einsparungsprozess beteiligt
werden, an dessen Beginn man erst stehe. Aus der Summe der vorgenannten Erwägungen
heraus werde er dem Beschlussvorschlag zustimmen und die Verwaltung werde einen entsprechenden
Satzungsentwurf vorlegen.
Sodann führt Herr Ratsvorsitzender Thöle die Abstimmung über den folgenden Antrag der SPD-Fraktion,
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und des Ratsmitgliedes Mierke wie folgt herbei:
Beschluss:
Die Verwaltung wird beauftragt, dem Rat baldmöglichst einen Satzungsentwurf für eine Kulturförderabgabe
in Form einer Aufwandssteuer zur Genehmigung vorzulegen. Hierbei sollen Beherbergungsbetriebe
pro Übernachtung an der Finanzierung von kulturellen Aufgaben der Stadt
beteiligt werden. Die Abgabe soll fünf Prozent des Übernachtungspreises – alternativ: 2,50-3,00 € je Übernachtung – betragen.
Einnahmen aus der Kulturförderabgabe sollen zielgerichtet für kulturelle Aufgaben, Leistungen
und Angebote, sowie die Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt werden. Insbesondere sollen die
Einnahmen zur Stärkung des breiten freien Kulturangebotes verwandt werden.
Die konkrete Beschlussfassung über die Verwendung im o.g. Rahmen behält sich der Rat im
Zuge der jährlichen Haushaltsberatungen vor.
Die Verwaltung wird beauftragt, mit der Vorlage eines Satzungsentwurfs eine Einnahmekalkulation
bezogen auf das Haushaltsjahr ausgehend von einer 5 % – Abgabe – alternativ: 2,50-3,00
€ – vorzulegen.
Beratungsergebnis:
Die Abstimmung erfolgt offen.
Der Beschluss wird mehrheitlich mit 24 zu 22 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen.
Fragen zu diesem Antrag
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