Nach der von der Bertelsmann-Stiftung vorgelegten Studie „Ländermonitor frühkindliche Bildungssysteme“
(vgl. NOZ vom 29. Juni 2010, „Immer mehr Kinder in Kitas“) besuchte im
vergangenen Jahr jeder fünfte Einjährige eine Kindertagesstätte, bei den Zweijährigen waren
es fast 40%. Der Städtetag forderte vor diesem Hintergrund eine Neuberechnung des Betreuungsbedarfs.
Offensichtlich fallen die bisherigen Investitionen zugunsten frühkindlicher
Bildung in Niedersachsen sogar deutlich geringer aus als in anderen Bundesländern: Nach
der Bertelsmann-Studie rangiert das Land mit Investitionen von rund 2000 Euro pro Kind
unter sechs Jahren im Ländervergleich an vorletzter Stelle.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:
1. Ist das Ziel, bis 2013 für 40% der Kinder unter drei Jahren ein Angebot zu schaffen, vor
dem Hintergrund der in der Bertelsmann-Studie genannten Nachfrage nach
Betreuungsplätzen noch realistisch erreichbar bzw. lässt sich der Rechtsanspruch auf
Kinderbetreuung bei einer Versorgungsquote von 40% überhaupt verwirklichen?
2. Wie viel Geld erhält die Stadt Osnabrück vom Land Niedersachsen, und wie hoch ist der
Eigenanteil der Stadt zur Erfüllung der vom Bund beschlossenen Vorgaben?
3. Sollte der Bedarf in Osnabrück über den geplanten und etatisierten 40 % liegen und die
Stadt gezwungen sein, mehr Plätze für ein- bis zweijährige Kinder zu schaffen, um den
Rechtsanspruch zu erfüllen: Welche Möglichkeiten bestehen, die Kosten vom Land bzw.
vom Bund erstattet zu bekommen und welche Möglichkeit sieht die Verwaltung, auf die
Landesregierung einzuwirken, den Kommunen ausreichende Finanzmittel bereit zu
stellen, damit Niedersachsen im Ländervergleich zukünftig nicht mehr an vorletzter Stelle
bei den Investitionen in frühkindliche Bildung steht?
Die Anfrage wird wie folgt beantwortet:
Zu 1:
Grundlage des Verwaltungshandelns ist das am 09. Juni 2009 vom Rat beschlossene „Konzept
zur Umsetzung der Ausbaustufen des Kinderförderungsgesetzes“. Es geht davon aus, dass der
Rechtsanspruch eingelöst werden kann, wenn für 40 % der Ein- und Zweijährigen Plätze vorgehalten
werden.
Die Fortschreibung der Kindertagesstättenplanung zum Stichtag 01. Oktober 2009 kam bei der
Betrachtung der Kinder im Alter von ein und zwei Jahren, die ab 2013 einen Rechtsanspruch
auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege nach § 24 Abs.
2 Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) haben, zu folgender Planungsmarge (siehe Mitteilungsvorlage
JHA 02. Juni 2010: Zwischenbericht Ausbau Kindertagesbetreuung):
Anzahl der in Osnabrück gemeldeten Kinder im Alter von 1 und 2 Jahren zum Stichtag |
2.712 |
Planungsquote 40 % | 1.085 Plätze |
davon 80 % in Einrichtungen | 868 Plätze |
davon 40 % in Kindertagespflege | 217 Plätze |
vorhandene Plätze zum 01.10.2009 in Einrichtungen | 463 Plätze |
vorhandene Plätze zum 01.10.2009 in Kindertagespflege | 206 Plätze |
Defizit in Einrichtungen | 405 |
Defizit in Kindertagespflege | 11 |
Versorgungsquote der Ein- und Zweijährigen lag zum Stichtag 01.10.2009 |
24,6 % |
Deshalb konzentriert sich das Verwaltungshandeln auf die Schaffung von 405 zusätzlichen
Krippenplätzen und mindestens elf Kindertagespflegeplätzen.
Bislang sind keine verlässlichen Aussagen darüber möglich, ob – wenn die zusätzlichen Plätze
geschaffen worden sind – diese in der Summe ausreichen werden, um dem tatsächlichen Bedarf
Rechnung zu tragen. Der Niedersächsische Städtetag hat im Juli 2010 darauf hingewiesen,
dass aus seinem Mitgliederbereich Informationen vorliegen, die belegen, dass zumindest in den
größeren Städten der Ausbaubedarf zum Teil wesentlich höher als die geplanten 35 % ist.
Um den gesetzlich vorgegebenen Rechtsanspruch einzulösen zu können, muss für jedes Kind
unter drei Jahren, das ein Angebot zur Förderung in Tageseinrichtungen oder in Kindertagespflege
in Anspruch nehmen will, de facto ein Platz zur Verfügung stehen. Hinsichtlich der konkreten
Inanspruchnahme ist die Höhe der damit verbundenen Kosten für viele Eltern ein zentraler
und steuerungsrelevanter Faktor. Je höher die Kosten, desto geringer die Nachfrage.
Zu 2:
a) Investitionskosten
Bezüglich des Ausbaus der Angebote für unter Dreijährige in Einrichtungen wird wie folgt kalkuliert:
2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | gesamt | |
Krippen | 2.554.940 € | 3.360.000 € | 3.135.000 € | 3.200.000 € | 850.000 € | 13.099.940 € |
abzgl. Landesmittel | 751.200 € | 736.200 € | 721.500 € | 707.100 € | 693.000 € | 3.609.000 € |
Mittelbedarf Stadt Osnabrück |
1.803.740 € | 2.623.800 € | 2.413.500 € | 2.492.900 € | 157.000 € | 9.490.940 € |
b) Betriebskosten
Das Land Niedersachsen beteiligt sich seit 2009 mit einem erhöhten Fördersatz an den laufenden
Betriebskosten für die Betreuung unter Dreijähriger in Krippen. Die derzeitige Landesförderung
sieht eine 43 %ige Förderung der Personalkosten des in den Krippen eingesetzten pädagogischen
Personals vor. Diese erhöhte Personalkostenförderung durch das Land Niedersachsen
erstreckt sich auf alle Krippenplätze in der Stadt Osnabrück. Diese Fördermarge des Landes
für Krippenplätze ist zwischen der Landesregierung und den kommunalen Spitzenverbänden
vereinbart worden. Im Jahr 2011 steht eine Überprüfung der laufenden Betriebskostenförderung
zwischen der Landesregierung und den kommunalen Spitzenverbänden an. Diese erhöhte
Förderung der laufenden Betriebskosten ist nicht abhängig von der tatsächlichen Versorgungsquote.
Zu 3:
Aktuell geht das BMFSFJ (Pressemitteilung vom 21. Juli 2010) davon aus, dass das Ausbauziel
von 35 % realistisch ist. Deshalb gibt es von Seiten des Bundes keine Initiative, zusätzliche finanzielle
Mittel für den Sonderfonds Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen.
Für Investitionen wurde für die Zeit ab 2008 bis 2013 (6 Jahre) in Form eines Sondervermögens
ein Betrag von 2,15 Mrd. € zur Verfügung gestellt (Sondervermögen Kinderbetreuungsausbau).
Dieses wurde nach einem Verteilerschlüssel auf die Länder heruntergebrochen. Danach entfielen
auf Niedersachsen 213,9 Mio €.
Diese Mittel müssen in Höhe von insgesamt 10 % durch Eigenmittel des Landes und der Kommunen
aufgestockt werden. Hiervon übernimmt das Land 5 % (insgesamt 95 % der zuwendungsfähigen
Kosten). Den Rest (die rechnerischen letzten 5 %) und die Differenz zu den tatsächlich
anfallenden Kosten tragen die Kommunen. Somit beteiligt sich das Land Niedersachsen
nur im geringen Maße an den investiven Kosten.
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