Ausweisung von Kurzzeitpflegeplätzen (Anfrage der SPD-Fraktion)

Folgt man einer Mitteilungsvorlage (Anlage 1 zur StUA-Sitzung am 2. Dezember 2010), die seitens
der Lokale Agenda 21 Osnabrück als Stellungnahme zum barrierefreien und gemeinschaftlichen
Wohnen im Sanierungsgebiet Lotter Straße/Ernst-Sievers-Straße abgegeben wurde, sollen
Investitionskosten ab 2011 in Niedersachsen nur noch in solitären Einrichtungen der Kurzzeitpflege
übernommen werden.
Dies würde gemäß der o. g. Mitteilung bedeutet, dass die Investitionskosten der Kurzzeitpflege
in stationären Einrichtungen für Menschen mit Bedarf an Sozialleistungen allein von der Stadt
Osnabrück finanziert werden müssen. Die Kosten würden somit nicht mehr wie bisher vom Land
Niedersachsen getragen.

Wir fragen die Verwaltung:

1. Wie stellt sich der Sachverhalt konkret dar?

2. Mit welchen Mehrkosten ist für die Stadt Osnabrück zu rechnen?

3. Sieht die Verwaltung Möglichkeiten, den Höherbelastungen entgegenzuwirken?

Die Verwaltung beantwortet die Anfrage wie folgt zu Protokoll:

Zu 1:
Der Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2011, der sich zurzeit in der parlamentarischen Beratung
des Nds. Landtages befindet, sieht unter anderem vor, dass die Förderregelungen für die
Kurzzeitpflege nach § 10 des Nds. Pflegegesetzes geändert werden sollen.
Auf Anregung des Landesrechnungshofes soll angesichts der unabweisbaren Erforderlichkeit
einer Konsolidierung des Landeshaushaltes die Förderung auf Solitäreinrichtungen der Kurzzeitpflege
konzentriert werden.
Das bedeutet, dass die Absicht besteht, eingestreute Kurzzeitpflegeplätze nicht mehr zu fördern.
Das hat mehrere Gründe:

1. Bei eingestreuten Kurzzeitpflegeplätzen handelt es sich um Pflegeplätze für Langzeitbewohnerinnen
und -bewohner, die aufgrund eines Leerstandes vorübergehend bei einer aktuellen
Bedarfslage zur Kurzzeitpflege genutzt werden. Die genaue Zahl der Kurzzeitpflegeplätze
lässt sich demzufolge nicht feststellen, weil im Grundsatz alle in Osnabrück vorhandenen
Pflegeplätze (1 533) für diese Hilfe genutzt werden können.
Bei einer solitären Einrichtung handelt es sich um eine gesonderte Pflegestation, die ausschließlich
für die Kurzzeitpflege genutzt wird oder um eine besondere Einrichtung nur für
die Kurzzeitpflege.
Solitäre Einrichtungen in Osnabrück gibt es seit Jahren nicht mehr.

2. Der Landesrechnungshof hat nun festgestellt, dass in nahezu 40 % der Fälle der Inanspruchnahme
eingestreuter Kurzzeitpflege innerhalb kürzester Zeit die Aufnahme der pflegebedürftigen
Person in die vollstationäre Dauerpflege folgt.
Bei der Inanspruchnahme von solitären Kurzzeitpflegeeinrichtungen ist dies demgegenüber
in lediglich ca. 20 % der Fälle zu verzeichnen.
Aus Sicht des Landes ist also festzustellen, dass die Zielsetzung einer Umsetzung des
Grundsatzes „ambulant vor stationär“ in unterschiedlichem Umfang abhängig davon gelingt,
ob Kurzzeitpflege in solitären Einrichtungen oder eingestreut erfolgt.
Unter dem Gesichtspunkt der Haushaltskonsolidierung besteht landesseitig das Interesse,
nur diejenigen Pflegebedürftigen zu fördern, die mit hoher W ahrscheinlichkeit in die ambulante
Pflege zurückkehren.
Anders ausgedrückt sollen nicht diejenigen Pflegebedürftigen vorübergehend die Förderung
der Kurzzeitpflege erhalten, die schon bei Aufnahme in die Pflegeeinrichtung mit hoher
Wahrscheinlichkeit auf Dauer vollstationär gepflegt werden müssen (Mitnahmeeffekt).

3. Der im 1. Absatz der Anfrage geschilderte Sachverhalt ist demzufolge korrekt dargestellt.
Die im 2. Absatz der Anfrage dargestellte Schlussfolgerung ist jedoch in dieser Absolutheit
nicht zutreffend, weil das Land auch nach Änderung des § 10 des Nds. Pflegegesetzes
weiterhin die Kurzzeitpflege mit einem Investitionsfolgekostenzuschuss fördert und diese
Kosten somit nicht auf die örtlichen Träger der Sozialhilfe verlagert werden.

4. In der Sitzung des Arbeitskreises Pflege wurde diese Thematik diskutiert und der Sozialverwaltung
ist bekannt geworden, dass ein in Osnabrück ansässiger Einrichtungsträger,
der mehrere Pflegeheime betreibt, die Absicht hat, eine Solitäreinrichtung zu schaffen. Die
Pflegebedürftigen, die diese Einrichtung dann nutzen, würden weiterhin von der Landesförderung
profitieren.
Ob der Bedarf an Kurzzeitpflegeplätzen mit Inbetriebnahme einer Solitäreinrichtung mit 20
Plätzen für Osnabrück gedeckt wird, erscheint zweifelhaft, wenn die Zahl der derzeit angemeldeten
eingestreuten Kurzzeitpflegeplätze bei 38 liegt.
Hinzu kommen die tatsächlich zur Kurzzeitpflege genutzten Plätze, die darüber hinaus
entsprechend der jeweils aktuellen Nachfrage und der dann festzustellenden Belegungssituation
für die Kurzzeitpflege genutzt werden.
Der Bedarf wird demzufolge wesentlich höher sein, sodass alle Pflegeeinrichtungen prüfen
werden, ob sie eine gesonderte Pflegestation als oder gar eine Solitäreinrichtung schaffen.

5. Das sich für die Einrichtungsträger darstellende Problem bei Schaffung von Solitäreinrichtungen
ergibt sich aus einer wesentlich geringeren Auslastungsquote (90 % gegenüber
Langzeitpflegeplätzen mit 95 %). Damit steigt die Vergütung je Pflegetag und das Angebot
verliert an Attraktivität.

6. Insgesamt bleibt festzustellen, dass sich die Pflegelandschaft verändern wird. Sollte der
Bedarf an Kurzzeitpflegeplätzen durch Solitäreinrichtungen nicht abgedeckt werden, wird
sich für die Pflegebedürftigen und die Einrichtungsträger die Frage stellen, ob ein Langzeitpflegeplatz
vorübergehend als eingestreuter Kurzzeitpflegeplatz genutzt werden kann
(Nachfrage und Bedarfsabhängigkeit) und ohne die Landesförderung durch den Pflegebedürftigen
finanzierbar ist.
Sollte dies dann nicht möglich sein, wäre ein Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Pflege
nach dem SGB XII zu stellen oder auf die Inanspruchnahme der Kurzzeitpflege zu verzichten.

Zu 2:
Mehraufwendungen an Hilfe zur Pflege im Rahmen der Sozialhilfe lassen sich nicht exakt errechnen.
Werden in Osnabrück ausreichend viele Solitäreinrichtungen geschaffen, entstehen keine
Mehrkosten.
Werden Pflegebedürftige sogleich in die Langzeitpflege aufgenommen, also ohne zuvor die
Kurzzeitpflege mit der bisherigen Förderung in Anspruch nehmen zu können, wird dieser Anteil
zulasten des Trägers der Sozialhilfe gehen, soweit es sich nicht um Selbstzahlerinnen und
Selbstzahler handelt.
Das Land geht von ca. 10 % der Pflegebedürftigen aus. Sollte sich diese Einschätzung als realistisch
erweisen, dann würde dies für die Stadt Osnabrück und nach den Planungsdaten für
2011 einen Anteil von 12.300,00 € ergeben, allerdings ist dieser um die Quote von 63 % zu reduzieren,
die das Land im Rahmen des Quotalen Systems übernimmt, sodass Mehraufwendungen
von 4.551,00 € p. a. verbleiben würden.
Das Land geht von einem landesseitigen Einsparvolumen von 7 Mio. € aus. Daraus folgt, dass
die Veränderung der Förderregelungen nur zum geringen Teil zulasten der örtlichen Sozialhilfeträger
gehen soll.
Die Sozialverwaltung hält eine Anpassung der Haushaltsansätze für den Doppelhaushalt
2011/2012 für nicht erforderlich, weil die Mehraufwendungen im Verhältnis zum Budget für Hilfe
zur Pflege in Höhe von 7,11 Mio. € p. a. marginal sind.

Zu 3:
Nach Mitteilung des Nds. Städtetages wurde zwar durch die kommunalen Spitzenverbände eine
Stellungnahme zum Haushaltsbegleitgesetz abgegeben, die sich aber auf die wesentlichen
Vorhaben mit erheblichen finanziellen Belastungen für die Kommunen konzentrierte.
Die hier durch die Anfrage angesprochene Problematik wurde demzufolge nicht ausdrücklich
thematisiert.

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