Die vom Bundeskabinett beabsichtigte Änderung des Bundesimissionsschutzgesetzes soll zu
einer deutlichen Erhöhung der Rechtssicherheit für Kindertageseinrichtungen (z. B. Kinderhaus
Limberger Straße), Kinderspielplätze und Bolzplätze (z. B. Knappsbrink) führen.
Wir fragen die Verwaltung:
1. Wie wirkte sich die Gesetzesänderung z. B. auf die Rechtsstreitigkeiten bezüglich des
Bolzplatzes Knappsbrink sowie des Schulhofs Altstädter Grundschule aus?
2. Gibt es weitere schwebende Verfahren, auf die Ähnliches zutrifft?
3. Gab es in der Vergangenheit entsprechende Prozesse, in denen die Stadt mit ihrer Auffassung
unterlag? Falls ja: Ergäben sich Chancen einer Wiederaufnahme solcher Verfahren?
Mit dem Einverständnis der Fragestelle ergeht die Antwort wie folgt zu Protokoll:
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) hat am 17. Dezember
2010 einen innerhalb der Bundesregierung noch nicht abschließend abgestimmten Gesetzentwurf
zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) vorgelegt, der zu
einer Erhöhung der Rechtssicherheit für die Errichtung und den Betrieb von Kindertageseinrichtungen,
Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen beitragen und gerichtliche Auseinandersetzungen
über die Zumutbarkeit von Lärm dieser Einrichtungen vermeiden soll. Zukünftig
soll durch eine Änderung des § 22 BImSchG sichergestellt werden, dass Kinderlärm, der von
den genannten Einrichtungen ausgeht, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung darstellt.
Konkret soll § 22 BImSchG durch folgenden Absatz (1 a) ergänzt werden:
„(1 a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen
Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden,
sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen
dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.“
Die Privilegierung betrifft (nur) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen,
Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen durch Kinder hervorgerufen werden. Unter
„Kindertageseinrichtungen“ sind nach der Gesetzesbegründung Einrichtungen i. S. d. § 22 Abs.
1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches – Achtes Buch – zu verstehen, d. h. Einrichtungen, in denen
sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden.
Dabei ist gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches – Achtes Buch Buch – Kind, wer
noch nicht 14 Jahre alt ist. Gleiches gilt im Hinblick auf Kinderspielplätze und ähnliche Einrichtungen.
Darunter sind kleinräumige Einrichtungen zu verstehen, die auf spielerische oder
körperlich-spielerische Aktivitäten von Kindern zugeschnitten sind und wegen ihrer sozialen
Funktion regelmäßig wohngebietsnah gelegen sein müssen. Ballspielflächen für Kinder gehören
hierzu. Davon zu unterscheiden sind Spiel- und Bolzplätze für Jugendliche, die großräumiger
angelegt sind und nicht unbedingt wohngebietsnah gelegen sein müssen. Für diese gilt die
Privilegierung nicht. Die Privilegierung gilt auch nicht für Sportanlagen im Sinne der
Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. Bundesimmissionsschutzverordnung), die am Leitbild
einer Anlage orientiert ist, die dem Vereinssport, Schulsport oder vergleichbar organisiertem
Freizeitsport dient.
Die vorgeschlagene Ergänzung des Bundesimmissionsschutzgesetzes ermöglicht durch die
Formulierung „im Regelfall“ für besondere Fallsituationen eine Prüfung im Einzelfall. Ein vom
Regelfall abweichender Sonderfall liegt im Hinblick auf die Belange des Schutzes vor Geräuscheinwirkungen,
die von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen hervorgerufen
werden, nach der Gesetzesbegründung allerdings nur vor, wenn besondere Umstände gegeben
sind, z. B. die Einrichtungen in unmittelbarer Nachbarschaft zu sensiblen Nutzungen wie Krankenhäuser
und Pflegeanstalten gelegen sind, oder sich die Einrichtungen nach Art und Größe
sowie Ausstattung in Wohngebiete und die vorhandene Bebauung nicht einfügen.
Zu 1:
Die beabsichtigte Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes wird sich nach Auffassung
der Verwaltung auf die Rechtsstreitigkeiten bezüglich des Bolzplatzes Knappsbrink sowie des
Schulhofs Altstädter Grundschule nicht auswirken.
In dem Rechtsstreit bezüglich des Bolzplatzes Knappsbrink handelt es sich zum einen um einen
Bolzplatz, der ohne Altersbeschränkung genutzt werden kann und nicht nur von Kindern bis 13
Jahre. Er gehört damit nicht zu den Einrichtungen, die durch die Ergänzung des Bundesimmissionsschutzgesetzes
privilegiert werden sollen.
Zum anderen geht es in dem Verfahren nicht vorrangig um die Frage unzumutbarer Lärmbeeinträchtigungen,
sondern um die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Bolzplatzes in
dem fraglichen Gebiet, das vom Verwaltungsgericht als reines Wohngebiet qualifiziert worden
ist.
Die beabsichtigte Gesetzesänderung wird sich auch nicht auf den Verwaltungsrechtsstreit bezüglich
des Schulhofs der Altstädter Grundschule auswirken. Zum einen ist der Pausenhof nach
der „Ordnung über die Benutzung von Pausenhöfen der städtischen Schulen in Osnabrück als
Kinderspielplätze“ nicht nur zur Benutzung als Spielplatz für Kinder freigegeben. Da er mit
Sporteinrichtungen versehen ist und direkt von öffentlichen Straßen und Wegen her zugänglich
ist, darf er auch von Jugendlichen bis zum Alter von 17 Jahren benutzt werden. Er gehört damit
ebenfalls nicht zu den nach der beabsichtigten Gesetzesänderung privilegierten Einrichtungen.
Außerdem geht es in dem Verfahren vorrangig um Fragen der Festsetzung und Einhaltung von
Öffnungszeiten und der Nutzung des Pausenhofes durch einen nicht zugelassenen Personenkreis.
Auf diese Fragen wirkt sich die vorgesehene Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes
nicht aus.
Zu 2:
Bei dem Verwaltungsgericht Osnabrück ist ein weiteres Verfahren anhängig, in dem es um
Lärmimmissionen geht, die von einem Schulhof ausgehen (Pausenhof der Grundschule
Sutthausen). Auch der Schulhof der Grundschule Sutthausen ist nach der Ordnung vom
17. Oktober 1972 über die Benutzung von Pausenhöfen während der unterrichtsfreien Zeit als
Spielplatz für Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 17 Jahren freigegeben. Da es sich nicht
um einen reinen Kinderspielplatz handelt (Nutzung durch Kinder bis 13 Jahre), fällt er nicht unter
die privilegierten Einrichtungen.
Zu 3:
Bezüglich der dritten Frage, die sich sowohl auf Prozesse als auch auf vorgerichtliche Verfahren
bezieht, wurde eine Rundfrage in der Verwaltung gestartet. Sobald die Ergebnisse vorliegen,
wird dem Rat ergänzend berichtet.
Fragen zu dieser Anfrage
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