Die Verwaltung wird beauftragt, eine Informationsfreiheitssatzung für die Stadt Osnabrück zu
erstellen.
Sachverhalt:
Demokratie erfordert Transparenz und Kontrolle. Das Handeln öffentlicher Verwaltungen
sollte für die Bürgerin und den Bürger prinzipiell offen zugänglich sein. Jeder hat ein Recht
darauf zu erfahren, wie sich die Kommune engagiert, wie der Wortlaut eines Gutachtens
lautet, welche Kosten dem Steuerzahler entstehen und welcher Art die Hintergründe für
öffentliche Entscheidungen sind.
Auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) haben Bürgerinnen und Bürger
in Deutschland seit dem 1.1.2006 weit reichende Akteneinsichts- und Informationsrechte. Sie
können – unter Wahrung des informellen Selbstbestimmungsrechts – deutlich
unbürokratischer und leichter Einsicht nehmen in eine Vielzahl von Behördenakten,
Ausschussunterlagen, Gutachten, Kalkulationen und „Hintergrundpapiere“, die ihnen
teilweise zuvor unzugänglich waren. Allerdings beschränkt sich dieses Recht auf
Bundesbehörden. Damit Bürgerinnen und Bürger entsprechende Rechte auch gegenüber
Landesbehörden und Kommunen geltend machen können bedarf es landesgesetzlicher
Regelungen und Satzungsänderungen auf kommunaler Ebene.
Mit Ausnahme von Hessen haben mittlerweile alle an Niedersachsen grenzenden
Bundesländer eigene Informationsfreiheitsgesetze erlassen, ebenso Rheinland-Pfalz und
das Saarland. In Bayern dagegen lässt eine entsprechende landesgesetzliche Regelung auf
sich warten. Städte wie München haben daher eine Informationsfreiheitssatzung
beschlossen, die die öffentliche Zugänglichkeit von Behördeninformationen regelt und den
Bürgerinnen und Bürgern weit reichende Informationsrechte einräumt.
Ähnlich wie die bayerische sträubt sich auch die niedersächsische Landesregierung, ein
Informationsfreiheitsgesetz zu erlassen. Die Fraktionen von SPD und GRÜNEN im
Osnabrücker Stadtrat regen deshalb an, dem Beispiel anderer Städte zu folgen, und für die
Stadt Osnabrück auf kommunaler Ebene eine Informationsfreiheitssatzung zu erstellen,
damit auch Osnabrücker Bürgerinnen und Bürger vom Informationsfreiheitsgesetz des
Bundes profitieren und das Verwaltungshandeln transparenter wird. Grundlage der
Diskussion über die Osnabrücker Informationsfreiheitssatzung sollte die Satzung der Stadt
München sein.
Die Stadt Osnabrück tut jetzt schon viel für die Transparenz. Das Ratsinformationssystem im
Internet, die auf den Internetseiten der Stadtverwaltung zugänglichen Informationen sowie
das Verhalten bei Bürgeranfragen sind hier zu nennen. Dennoch ist es wichtig, dies auch in
rechtliche Form zu gießen und die Bürgerin/den Bürger per Satzung ausdrücklich den
Anspruch auf freien Informationszugang zu garantieren. Damit würde die Stadt Osnabrück
auch gerade angesichts der Haltung der Landesregierung, die sich weigert, ein
Informationsfreiheitsgesetz für Niedersachsen zu erlassen, ein deutliches Zeichen setzen.
Beratungsverlauf:
Herr Bajus begründet den Antrag namens der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und legt unter
Hinweis auf die schriftliche Begründung dar, warum die Zählgemeinschaft SPD/Bündnis
90/Die Grünen eine Informationsfreiheitssatzung für die Stadt Osnabrück fordere. Er verweist
auf große Veränderungen auf dem Gebiet der Information durch die Verwaltung in den
zurückliegenden zwanzig bis dreißig Jahren und hebt das große Informationsangebot auf der
Internetseite der Stadt Osnabrück hervor. Als vorbildhaft bezeichnet er das
Informationssystem Geodaten der Stadt Osnabrück. Es bestehe dennoch kein
grundsätzlicher Anspruch der Bürger auf Information. Dieses Recht solle durch die
beantragte Informationsfreiheitssatzung sichergestellt werden. Er legt dar, dass das Land
Niedersachsen bisher kein entsprechendes Informationsfreiheitsgesetz erlassen habe, wie
dies in anderen Bundesländern der Fall sei. Er verweist auf Erkenntnisse der Stadt
Göttingen, wo die Verwaltung es nach anfänglicher Kostenschätzung in Höhe von
100.000,00 Euro nunmehr für möglich halte, die dortige Satzung mit „Bordmitteln“
umzusetzen.
Herr Ratsvorsitzender Thöle bezeichnet den von Herrn Bajus vorgenommenen Vergleich
zwischen preußischem Verwaltungshandeln und den Umgang mit Informationen im DDR-Staat
als unpassend.
Herr Dr. E.h. Brickwedde schließt sich den Ausführungen von Herrn Ratsvorsitzenden Thöle
an. Er verweist auf die unterschiedlichen Gesetzeslagen auf Bundesebene und den
verschiedenen Bundesländern. Bei prinzipieller Sympathie für das Anliegen des Antrages
fordert er dazu auf, die gesamte Breite der Konsequenzen zu überdenken und hinterfragen,
ob der Anspruch ohne zusätzliches Personal zu erfüllen sei. Er verweist auf Angaben der
Stadt Göttingen, wo bis zu 80.000,00 Euro für die Wahrnehmung der zusätzlichen Aufgaben
für erforderlich gehalten werden. Er macht deutlich, dass eventuelle Anfragen von Bürgern in
vertretbaren Zeiträumen beantwortet werden müssen. Sofern man die in der Stadt Göttingen
für erforderlich gehaltenen Mittel auf die Osnabrücker Einwohnerzahlen hochrechne, könnte
dies zu Mehrkosten in Höhe von 150.000,00 Euro führen. In diesem Fall sei zu überlegen, an
welcher anderen Stelle die Mittel eingespart werden sollen. Auf der Grundlage dieser
Überlegungen regt er an, die Einzelheiten im Organisations- Personal- und
Gleichstellungsausschuss mit der Verwaltung zu erörtern.
Herr Henning stellt namens der SPD-Fraktion klar, das ein Ausbau der Bürgerbeteiligung
zusätzliche Mittel erfordere; allerdings sei es zum jetzigen Zeitpunkt, da ausschließlich die
Erarbeitung einer entsprechenden Satzung in Auftrag gegeben werde, zu früh, die
Kostenfrage zu stellen. Er verweist – wie bereits in der schriftlichen Begründung – auf das
Beispiel der Stadt München hierzu. Er weist darauf hin, dass das Kostenargument bei der
Diskussion um den Antrag zum Beschwerde- und Ideenmanagement und die geforderten
App hierfür keine Rolle gespielt habe. Er äußert Einverständnis, den Antragswortlauf darin zu
ergänzen, dass der Verwaltungsentwurf im Personalausschuss vorgestellt werden solle und
die Verwaltung zur Kostensituation Aussagen treffen solle. Er hebt nochmals hervor, dass
die Erfahrungen der Stadt München einbezogen werden sollten.
Herr Dr. Thiele verweist darauf, dass die FDP sich bereits grundsätzlich positiv zu einer
Informationsfreiheitssatzung erklärt habe; insofern werde der Antrag mit den
vorgenommenen Änderungen unterstützt.
Frau Meyer zu Strohen verweist auf die vielfältigen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung in
Niedersachsen und insbesondere der Stadt Osnabrück. Auch ohne die Existenz eines
speziellen Niedersächsischen Informationsfreiheitsgesetzes werden derzeit Informationsund
Auskunftsersuchen erfüllt. Sie verweist darauf, dass die Haltung der Landesregierung
von den kommunalen Spitzenverbänden geteilt werde und merkt ferner an, dass derzeitige
gesetzliche Regelungen, die den Informationsanspruch begrenzen, wie zum Beispiel die
Personenbezogenheit von Daten, auch künftig fortbestehen werden.
Herr ter Veer begrüßt namens der Gruppe UWG/Piraten den Antrag und hält das
vorgebrachte Kostenargument für vorgeschoben.
Herr Hagedorn weist die Kritik an dem Beitrag von Herrn Bajus als bewusstes
Missverständnis zurück. Er verweist darauf, das beispielsweise die Stadt München für die
Erteilung entsprechender Auskünfte auch eine Gebühr erhebe.
Herr Dr. E.h. Brickwedde erläutert, dass sein Wortbeitrag die Verweisung des
Antragsgegenstandes in den Organisations-, Personal- und Gleichstellungsausschuss
beinhaltet habe.
Abweichender Beschluss:
Der folgende Ursprungsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen wird zur weiteren
Beratung in den Organisations-, Personal- und Gleichstellungsausschuss verwiesen:
Der Rat möge beschließen:
„Die Verwaltung wird beauftragt, eine Informationsfreiheitssatzung für die Stadt Osnabrück
zu erstellen.“
Abweichender Beschluss (gem. modifiziertem Ursprungsantrag der SPD/Bündnis 90/Die
Grünen):
Die Verwaltung wird beauftragt, eine Informationsfreiheitssatzung für die Stadt Osnabrück zu
erstellen. Anschließend wird der Satzungsentwurf gemeinsam mit einer Kostendarstellung
der Verwaltung dem Organisations-, Personal- und Gleichstellungsausschuss vorgelegt.
Abstimmungsergebnis:
Der abweichende Beschluss wird mehrheitlich gegen die Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion
abgelehnt.
Abstimmungsergebnis (gem. modifiziertem Ursprungsantrag der SPD/Bündnis 90/Die
Grünen):
Der abweichende Beschluss wird mehrheitlich gegen die Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion
angenommen.
Fragen zu diesem Antrag
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