Kosten der Deutschen Einheit (SPD-Fraktion)

Wiederholt ist der Berichterstattung in Medien zu entnehmen, dass westdeutsche Städte auf ihre wachsenden unverschuldeten Haushaltsbelastungen hinweisen und dabei insbesondere ihre Zahlungen in den Fonds Deutsche Einheit thematisieren.

Wir fragen die Verwaltung:

1. Wie lassen sich die entsprechenden Haushaltsbelastungen seit Beginn der Zahlungen für die Stadt Osnabrück quantifizieren?

2. Mit welchen Belastungen ist in den nächsten Jahren zu rechnen, falls sich die Rechtslage nicht ändert?

3. Gibt es innerhalb der Verwaltung Überlegungen, sich bekannt gewordenen Initiativen westdeutscher Städte (z.B. Orte im Ruhrgebiet) anzuschließen?

Die Verwaltung beantwortet die Anfrage wie folgt zu Protokoll:

Zu Frage 1:
Die Kosten der Deutsche Einheit lassen sich nicht auf den Begriff „Fonds Deutsche Einheit“
reduzieren. Deshalb wird ein kurzer Überblick der verschiedenen Aspekte gegeben, aus
denen sich die Belastungen der Stadt Osnabrück ergeben.

Fond Deutsche Einheit
Der Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und DDR sah aufgrund der
damals erheblichen Finanzkraftunterschiede zwischen neuen und alten Ländern
Übergangsregelungen im Bereich des Finanzausgleichs vor. Eine sofortige Einbeziehung der
neuen Länder in die zwischen den alten Ländern bestehenden Ausgleichsmechanismen
hätte unüberschaubare Risiken und Mehrbelastungen für die Haushalte der alten Länder
ergeben. Für die Zeit von 1990-1994 ist mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die
Errichtung eines Fonds „Deutsche Einheit“ vom 25.06.1990 ein Fonds ins Leben gerufen
worden, dessen Zielsetzung es war, bis zur Einbeziehung der neuen Länder in einen
gesamtdeutschen Finanzausgleich, Zuweisungen zur Deckung des allgemeinen Fehlbedarfs
zu gewähren. Das Finanzvolumen des Fonds betrug rd. 82,16 Mrd. Euro.
Der Fonds sollte lt. Einigungsvertrag mit Ablauf des Jahres 1994 aufgelöst werden. Nach
Eingliederung der neuen Länder in den Finanzausgleich dient der Fonds seit dem
01.01.1995 jedoch noch der Abwicklung der entstandenen Verbindlichkeiten.

Solidarpakt I (1995-2004)
Seit 1995 sind die neuen Länder vollständig und gleichberechtigt in einen gesamtdeutschen
Länderfinanzausgleich einbezogen. Die Grundlage dafür bildete das 1993 beschlossene
Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG). Aufgrund dieses
Gesetzes sind die Kommunen in den alten Ländern seit 1995 an den Länderlasten aus der
Neugestaltung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs (Solidarpakt) beteiligt.
Mit dem FKPG wurde somit die finanzielle Basis geschaffen, um den infrastrukturellen
Nachholbedarf abzubauen und die Angleichung der Lebensverhältnisse voranzutreiben. Zur
Finanzierung der Solidarpaktlasten wurden die westdeutschen Kommunen zu
bundesdurchschnittlich 40% an den Länderlasten herangezogen. Dieser kommunale
Finanzierungsbeitrag erfolgte einerseits durch eine Erhöhung der Gewerbesteuerumlage um
29 Punkte (Art. 34 FKPG), andererseits durch eine Zuweisungskürzung des Kommunalen
Finanzausgleichs. Insgesamt wurden durch den Solidarpakt I rd. 94,5 Mrd. Euro an die
neuen Bundesländer transferiert.

Solidarpakt II (2005- 2019)
Mit der Vereinbarung zum Solidarpakt II 2001 wurde die Finanzausstattung der ostdeutschen
Länder langfristig auf eine sichere Grundlage gestellt. Der Solidarpakt II knüpft unmittelbar
an den Solidarpakt I an, der Ende 2004 ausgelaufen ist. Von 2005-2019 erhalten die
ostdeutschen Länder insgesamt 156 Mrd. Euro, wovon 100 Mrd. Euro durch die Länder
finanziert werden. Die Gemeinden beteiligen sich indirekt über die Weiterführung der
erhöhten Gewerbesteuerumlage (Fortführung des Erhöhungswertes zum Solidarpakt in
Höhe von 29 Punkten).

Einheitsumlage (1991-1998)
Die Beteiligung (40%) der Kommunen an den Länderlasten wurde in Niedersachsen durch
das Solidarbeitragsgesetz umgesetzt. Demnach mussten die Kommunen von 1991-1994
einen festen Solidarbeitrag im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) abführen.
In den Jahren 1995-1998 wurde daraus die Einheitsumlage. In Niedersachsen wurden in
dieser Zeit insgesamt 1,6 Mrd. Euro an das Land abgeführt. Mit der Änderungen des
Niedersächsischen Finanzausgleichsgesetz 1999 wurde die Einheitsumlage wieder
abgeschafft.

Quantifizierung der Belastungen für die Stadt Osnabrück
Die Belastungen der Stadt Osnabrück aus den o. g. Finanzierungsinstrumenten lassen sich
der nachfolgenden Tabelle entnehmen:

– Fonds Deutsche Einheit (FDE), 1991-2011: 31.446.489 Euro

– Solidarbeitragsumlage/Einheitsumlage (KFA), 1991-1998: 38.368.737 Euro

– Solidarpakt I, 1995-2004: 50.489.645 Euro

– Solidarpakt II, 2005-2011: 41.781.829 Euro

Summe: 162.086.700 Euro

Zu Frage 2:
Als Ausgleich für die Übernahme sämtlicher Schulden des Fonds Deutsche Einheit durch
den Bund zum 01.01.2005 wurde der Umsatzsteueranteil des Bundes erhöht sowie
Leistungen im Länderfinanzausgleich verringert. Zur Mitfinanzierung dieser Belastungen, die
den Ländern im Zusammenhang mit der Neuregelung der Finanzierung des Fonds Deutsche
Einheit verbleiben, wird die Gewerbesteuerumlage um einen Erhöhungswert angepasst (§ 6
Gemeindefinanzreformgesetz). Die fortwirkende Belastung beträgt jährlich rd. 2,6 Mrd. Euro.
Der Finanzierungsanteil der Gemeinden beträgt dabei rd. 0,5 Mrd. Euro. Zudem ergibt sich
aufgrund der Weiterführung des Solidarpakts II ebenfalls eine Fortführung des
Erhöhungswertes bei der Gewerbesteuerumlage in Höhe von 29 Punkten. Die Belastungen
sind gesetzlich bis zum Jahr 2019 fixiert.
Wie sich die Belastungen auf die Stadt Osnabrück auswirken, hängt maßgeblich von den
erzielten Gewerbesteuereinnahmen ab. Aufgrund des volatilen Gewerbesteueraufkommens
kann hier nur ein Schätzwert herangezogen werden. Bis zum Jahr 2019 werden jährlich ca.
6,2 Mio. Euro den Haushalt der Stadt Osnabrück belasten.

Zu Frage 3:
Die Stadt beabsichtigt nicht sich o. g. Initiativen anzuschließen.

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