Am 6. Mai 2013 hat der Geschäftsführer der Zion GmbH, Herr Ralf Gervelmeyer, unterstützt
vom Pressesprecher des Vereins Lebensquelle, Herrn Günter Strunk, in einem Interview des
Fernsehsenders OS1TV sinngemäß erklärt, dass
– die 300 Mitglieder des Vereins Lebensquelle beabsichtigen, auf einer Fläche der
ehemaligen Stückgutabfertigung im Eingangsbereich zum Güterbahnhofsareal etwa
10 Mio. Euro für ein neues Gemeindezentrum und eine Veranstaltungshalle mit 3000
Sitzplätzen zu investieren.
– er (Gervelmeyer) schon vor geraumer Zeit das Gespräch mit der Stadt Osnabrück
über eine Fläche für das neue Gemeindezentrum gesucht habe, mit der
Stadtverwaltung in guter Verbindung stehe sowie Hinweise auf das
Güterbahnhofsgelände aus der Stadtverwaltung erhalten hätte.
– er (Gervelmeyer) gemeinsam mit der Stadtverwaltung einen Bebauungsplan
ausarbeite und sich die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung schon seit längerer
Zeit positiv entwickle.
– nach den Zielvorstellungen der Lebensquelle auf dem genannten Güterbahnhofsareal
neben dem Gemeindezentrum gewerblich betreutes Wohnen stattfinden sowie ein
Ärztehaus errichtet werden solle.
– die Lebensquelle an die zur Finanzierung des neuen Gemeindezentrums incl.
Veranstaltungshalle notwendigen Finanzmittel von 10 Mio. Euro herangekommen sei.
– auf dem Gelände zukünftig neue Regeln gelten sollten, so dass nicht jeder tun und
lassen könne, was er wolle.
– eine Veranstaltung wie Gay in May auf dem Gelände zukünftig nicht stattfinden
könne, da Homosexualität eine Sünde sei.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:
1. Seit wann genau führt die Verwaltung die Gespräche mit welchen Vertretern der
Lebensquelle / Zion GmbH und mit welcher städtebaulichen Zielvorstellung oder
Zielplanung – und wie gestaltete sich die Kontaktaufnahme und der Verlauf der
Gespräche?
2. Warum wurden die Absichten und Zielvorstellungen der Lebensquelle
(Veranstaltungshalle mit 3000 Sitzplätzen, Investitionssumme von 10 Mio. Euro,
betreutes Wohnen, Ärztehaus, neue Verhaltensregeln und Ausschluss homosexueller
Nutzer des Geländes) in der Beschlussvorlage VO/2012/1962 für die Ratssitzung am
11.12.2012 nur unzureichend erwähnt bzw. entsprachen diese Zielvorstellungen der
Lebensquelle den städtebaulichen Vorstellungen der Stadtverwaltung für das
Güterbahnhofsgelände, wenn etwa in der Vorlage auf Seite 3 im dritten Absatz
ausgeführt wird, dass (es) „grundsätzlich für städtebaulich vertretbar gehalten (wird), die
vorgetragenen Nutzungsvorstellungen auf dem Güterbahnhofsareal planungsrechtlich
abzusichern (…)“?
3. Warum wurde in der Beschlussvorlage VO/2012/1962 für die Ratssitzung am 11.12.2012
eine alternative Beschlussvorlage (1. Vorkaufsrecht ausüben bzw. alternativ unter 2.
Vorkaufsrecht nicht ausüben) ohne Empfehlung der Fachverwaltung in der Sache dem
Rat zur Entscheidung vorgelegt, statt eine klare Verwaltungsmeinung darzustellen – und
warum wurde in der Vorlage lediglich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Verein
Lebensquelle um einen eingetragenen Verein handele, der aber keine Kirche sei, statt
über die wahren Absichten und ideologischen Vorbehalte dieser sog. Freikirche alle
Ratsmitglieder offen zu informieren?
Antwort der Verwaltung:
Zu 1.:
Vertreter der Evangelischen Freikirche `Lebensquelle e.V.´ sind erstmals am 14.10.2010 auf
den Fachbereich Städtebau zugekommen und haben in einem Gespräch eruiert, ob und
ggfs. welche alternativen Standorte für ein neues Gemeindezentrum in Frage kommen
könnten. Bei dem in 2010 geführten Gespräch waren als Vertreter der Freikirche Herr
Knieper sowie die Pastoren Eduard Ochs und Jakob Neufeld anwesend. In diesem
Gespräch sowie einem weiteren Gespräch, das mit Herrn Gervelmeyer am 12.01.2012
geführt worden ist, wurde den Gesprächspartnern eine Vielzahl möglicher Standorte
benannt, die nach erster Einschätzung für eine weitergehende Eignungsprüfung
grundsätzlich in Frage kommen konnten. Die Vertreter der Gemeinde haben in den
Gesprächen deutlich gemacht, dass sie einen innenstadtnahen Standort suchen würden. Da
die bestehenden Räumlichkeiten am Goethering insbesondere bei Gottesdiensten an
räumliche Kapazitätsgrenzen stoßen würden (ca. 300 bis 500 Teilnehmer bei den
Gottesdiensten) wurde ein Standort gesucht, der die Möglichkeit für eine
Versammlungsstätte für ca. 1.000 bis 1.500 Besucher ermöglichen könnte. Folgende
Liegenschaften wurden in diesen Gesprächen thematisiert: Hasepark,
Winkelhausenkaserne, Kleingärten An der Humboldtbrücke, Schlachter Großeinkauf
Liebigstraße, Güterbahnhof, Marlborough School, Oststraße (Freifläche gegenüber VfL
Stadion), C & A Immobilie Möserstraße, Berliner Platz, Grundstücke an der Karlstraße
(angrenzend an den Hannoverschen Bahnhof), Landwehrkaserne.
Zu den genannten Zeitpunkten waren die baulich – räumlichen Entwicklungsvorstellungen
der Gemeinde noch relativ offen. Es wurde dargestellt, dass neben einer
Versammlungsstätte für Gottesdienste und Veranstaltungen noch begleitende Einrichtungen
für die Gemeindearbeit vorgesehen werden sollten. Hierzu gehörten u.a. Beratungsangebote
für Hilfsbedürftige. Insgesamt wurde nach den ersten persönlich geführten Gesprächen eine
erforderliche Grundstücksgröße von 10.000m² bis 15.000m² genannt. Als Wunschvorstellung
wurden im Zuge einer möglichen künftigen Ausbauvariante auch der Wunsch eines
Jugendzentrums, Spieleparadies, Seniorenstift und Reha Zentrum genannt. Die Verwaltung
hat in der o.g. Vorlage zur Ausübung des Vorkaufsrechtes dargestellt, dass zu dem Konzept
der Freikirche soziale Begegnungsstätten und Betreuungsmöglichkeiten für
Drogenabhängige, Büroflächenangebote sowie eine große Versammlungsstätte, in der
Gottesdienste abgehalten werden sollen, gehören.
Die Stadtverwaltung führt laufend Gespräche mit Investoren, Projektentwicklern,
Gewerbetreibenden im Rahmen ihrer städtebaulichen Beratungsarbeit. In solchen
Gesprächen werden regelmäßig Standorte genannt, die für bestimmte Nutzungen
grundsätzlich – vorbehaltlich planungsrechtlicher Änderungserfordernisse,
bauordnungsrechtlicher Fragestellungen und politischer Beschlussfassungen – in Frage
kommen könnten. Die in diesem Zusammenhang geführten Gespräche verliefen konstruktiv;
die Initiative, Gespräche zu führen ging bei allen Terminen von der Evangelischen Freikirche
aus. Die Entscheidung seitens der Freikirche ihr neues Zentrum auf dem Areal des
Güterbahnhofes zu planen, wurde aufgrund der folgenden Kaufverhandlungen mit den
damaligen Eigentümern getroffen. Die Stadtverwaltung hat in allen Gesprächen vor und nach
dem Erwerb des Grundstückes die Vertreter der Gemeinde ausführlich und deutlich auf die
Rahmenbedingungen und möglichen Risiken, die im Zuge eines Bauleitplanverfahrens
auftreten können, hingewiesen. Es ist in allen Gesprächen deutlich gesagt worden, dass es
keine Garantie gäbe, planungsrechtlich die Voraussetzungen für ein Gemeindezentrum der
evangelischen Freikirche zu schaffen und die letztendliche Entscheidung über die
Zulässigkeitsvoraussetzungen immer beim Rat der Stadt Osnabrück läge. Aus
städtebaulicher Sicht wurde an diesem Standort das Vorhaben einer Versammlungsstätte
(mit Gemeindebüro und Begegnungsmöglichkeiten wie einem Café o.ä.) für grundsätzlich
vertretbar gehalten. In diesem Sinne war die in der Anfrage zitierte Aussage einer
grundsätzlichen Vertretbarkeit des Vorhabens gemeint (Vorlage Vorkaufsrechtsausübung
Güterbahnhof, VO/2012/1962, S. 3). Es sind keine darüber hinaus gehenden Aussagen im
Sinne einer späteren Umsetzbarkeit gemacht worden. Im Gegenteil – es ist deutlich gesagt
worden, dass die Gemeinde ihre möglicherweise darüber hinausgehenden Planungen (s.o.)
konkreter ausarbeiten müsse, bevor diesbezüglich eine abschließende städtebauliche
Beurteilung erfolgen könne. Zudem ist in den Gesprächen auch darauf hingewiesen worden,
dass nicht garantiert werden könnte, den vorhandenen Gebäudebestand der
Güterabfertigungshalle erhalten zu können.
In den sich anschließenden Gesprächen mit Vertretern der Lebensquelle e.V. sowohl auf der
Vorstands- als auch auf Arbeitsebene sind bis April 2013 keine belastbaren räumlich,
architektonischen und nutzungskonzeptionellen Überlegungen vorgestellt worden.
Abgesehen von skizzenhaften, unmaßstäblichen Zeichnungen, wurden keine prüffähigen
Unterlagen zur Verfügung gestellt. Dem Verwaltungsvorstand mit dem damaligen
Oberbürgermeister und Stadtbaurat sind erstmals am 29.02.2012 von Vertretern der
Lebensquelle die o.g. konzeptionellen Überlegungen für ein Gemeindezentrum am
Güterbahnhof vorgestellt worden.
In einem Gespräch am 23.04.2013 hat erstmals ein von der Lebensquelle e.V. beauftragter
Architekt weiterführende planerische Konzepte auf der Arbeitsebene vorgestellt, die jedoch
auch noch nicht umfänglich die später in einem auf os1.tv ausgestrahlten Fernsehinterview
vorgestellten Projektbausteine berücksichtigt haben.
Zu 2.:
Die Absicht und Zielvorstellung der Lebensquelle eine Veranstaltungshalle mit 3000
Sitzplätzen zu schaffen, ist der Verwaltung zu keinem Zeitpunkt in den Gesprächen mit den
Vertretern der Lebensquelle vermittelt worden. Der Vorentwurf des Bebauungsplanes geht
bei der vorgesehenen Größenordnung von einer Versammlungsstätte mit 1000 Plätzen aus.
Das Konzept stellt auch eine entsprechend große Stellplatzanlage (250 Stellplätze) dar. Die
genannte Größenordnung der Investition von ca. 10 Mio. € war der Verwaltung zum
Zeitpunkt der politischen Beratung des Vorkaufsrechtes ebenso wenig bekannt wie die ein
Ärztehaus realisieren zu wollen. Wohnnutzungen (Betreutes Wohnen / Seniorenstift) auf dem
Güterbahnhofsareal wurden in allen Gesprächen ausgeschlossen und dementsprechend
auch nicht in den Vorentwurf des Bebauungsplanes aufgenommen. In den Gesprächen mit
den Vertretern der evangelischen Freikirche ging es ausschließlich um städtebauliche
Fragestellungen. Verhaltensregeln, weltanschauliche oder religiöse Themen sind nie
Gegenstand der Gespräche gewesen. Von möglichen Absichten und Ansichten der
evangelischen Freikirche oder einzelner Vertreter zu o.g. Themen, über die nach intensiven
Recherchen Dritter berichtet wird, hatte die Verwaltung bis in die jüngste Vergangenheit
keine Kenntnis.
In dem o.g. Gespräch am 23.04.2013 hat die Lebensquelle e.V. gegenüber der Verwaltung
erstmals den Wunsch nach planungsrechtlicher Zulässigkeit des betreuten Wohnens explizit
vorgetragen. Seitens der Verwaltung ist deutlich gesagt worden, dass dies allen bisherigen
Nutzungsvorstellungen des Areals widerspricht. Aufgrund der Nähe zu benachbarten
industriellen Nutzungen sowie dem Rangierbahnhof werde eine solche Planung
insbesondere unter schalltechnischen Gesichtspunkten problematisch eingeschätzt. Das
Standortprofil spreche eher für gewerbliche Nutzungen und nicht für eine wohnbauliche
Nutzung bzw. eine Ausweitung sozialer Nutzungen zumal dies das Risiko einer isolierten
Entwicklung losgelöst von gewachsenen städtebaulichen Strukturen bedeutet. Um jedoch
diese Fragestellungen qualifiziert beurteilen zu können, sind die Vertreter der Lebensquelle
e.V. für den Fall eines Festhaltens an ihren Vorstellungen darauf hingewiesen worden, dass
diese Überlegungen konkretisiert werden müssten, um auch durch Beratungen in den
politischen Gremien eine abschließende Einschätzung zu erhalten.
Zu 3.:
Die Verwaltung hat in der angesprochenen Beschlussvorlage umfänglich dargestellt, dass es
sich bei der Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes um eine
Ermessensentscheidung handelte. Aus fachlicher Sicht ist ausführlich dargestellt worden,
dass unter verkehrsplanerischen Gesichtspunkten ein Erhalt der durch die Lebensquelle
erworbenen Bausubstanz möglich ist, auch wenn sich dies nicht ganz optimal darstellt. Es
handelte sich bei dem Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes um eine politische
Ermessensentscheidung, bei der die öffentlichen Interessen und die privaten Interessen
gegeneinander abzuwägen waren. Das öffentliche Interesse konnte u. a. darin liegen, eine
optimale verkehrliche Erschließung des Güterbahnhofgeländes sicherzustellen oder die
Entwicklung des Gesamtgeländes als Eigentümerin dieses Teilgrundstücks besser gestalten
zu können. Dabei war zu berücksichtigen, dass dafür erhebliche Finanzmittel aufzuwenden
gewesen wären. Die privaten Interessen bestanden u. a. in der Absicht der freikirchlichen
Gemeinde, ihre vorhandenen Räumlichkeiten zu verlagern und zu vergrößern. Die
Verwaltung hat eine alternative Beschlussvorlage vorgelegt, da beide Beschlussvarianten –
abhängig von der Gewichtung der verschiedenen Aspekte durch den Rat – denkbar waren.
Die Verwaltung hat vor der Ratsentscheidung im Rahmen ihrer Möglichkeiten Informationen
über die Kirchengemeinde und ihren kirchenrechtlichen Status eingeholt. Über Erkenntnisse,
die zum jetzigen Zeitpunkt durch Äußerungen in den Medien und durch sehr intensive
Recherchen Dritter vorliegen, verfügte die Verwaltung zum damaligen Zeitpunkt nicht.
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